Bei den beiden Tschetschenien-Kriegen, die Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion führte, handelt es sich laut Clemens P. Sidorko historisch betrachtet um die Fortsetzung eines alten, nie gelösten Konflikts im Nord-Kaukasus. Im Kern geht es dabei um den seit zwei Jahrhunderten andauernden Widerstand der Tschetschenen und Dagestaner gegen die russische Kolonialmacht. Verschärft worden sei der Kampf durch die "religiöse Komponente", den "Dschihad". Ihre kriegerische Vergangenheit beeinflusse bis heute die nationale Identität der Dagestaner und Tschetschenen - wie auch die der Russen.
In seiner ausgezeichneten Studie beschreibt der Autor die Formen des anti-kolonialen Widerstandes der Stämme unter Führung der dagestanischen Imame, unter ihnen Fürst Schamil. Außerdem gelingt es Sidorko, einen Zusammenhang zwischen dem "Heiligen Krieg" und der Expansion Russlands nachzuweisen. Auf diese Weise macht er deutlich, welche Rolle der Dschihad in diesem Kampf spielte. Eine detailliierte Beschreibung des Schamil-Staates hilft nicht nur zu verstehen, wie dieses "staatliche Wesen" funktionierte. Auch ähnliche Strukturen wie der Taliban-Staat erschließen sich so dem Leser.
Dschihad im Kaukasus. Reichert Verlag, Wiesbaden 2007; 489 S., 82 ¤