ZEITSCHRIFTEN
Stiftung Warentest gilt als vertrauenswürdig. Trotzdem muss sie verstärkt um neue Leser für ihr Magazin werben.
Als der Bundestag 1964 beschloss, eine Verbraucherorganisation zu schaffen, waren Warentests noch völlig unbekannt. In der Wirtschaft stieß die Idee zunächst auf wenig Gegenliebe. Der Konsument sei "durch Werbung in ausreichendem Maße unterrichtet", ließ etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie verlauten. Öffentlich bestellte Verbraucherschützer und die monatlich erscheinende Zeitschrift "test" seien schlichtweg überflüssig.
Die Stiftung Warentest mit Sitz in Berlin ist seither freilich zu einer Institution geworden. Gute wie unzureichende Testergebnisse schlagen sich direkt im Absatz der Hersteller nieder. Handelsgigant Aldi etwa zögert nicht, Artikel, die bei den Testern durchgefallen sind, aus dem Sortiment zu nehmen. In mehr als 4.300 Tests hat die Stiftung bis heute mehr als 78.000 Produkte und Dienstleistungen untersucht. Regelmäßig bemühten bemängelte Unternehmen die Gerichte - doch noch nie wurde die Stiftung rechtskräftig zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt.
Um die Unabhängigkeit der Warentester zu gewährleisten, sind deren Publikationen seit jeher werbefrei. Laut einer Forsa-Umfrage genießt die Stiftung von zwölf vorgegebenen Institutionen das höchste Vertrauen der Deutschen. Knapp drei Viertel aller Befragten halten sie für vertrauenswürdig. Rang zwei belegte die Polizei.
Doch trotz aller Ehrungen haben die etablierten Warentester seit einiger Zeit mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die großen Publikumsverlage. Die verkaufte Auflage von "test" sank in zehn Jahren von 785.000 auf heute nur noch 560.000 Exemplare. In der Blütezeit des Magazins zu Beginn der 1990-Jahre waren jeden Monat 950.000 Hefte verkauft worden. Ausgerechnet die jungen Leser kehren "test" den Rücken: Das Durchschnittsalter der Abonnenten liegt bei 54 Jahren; ein Drittel ist bereits pensioniert.
Nicht zuletzt die langwierigen Prüfverfahren trugen dazu bei, dass die Stiftung Warentest bei den Jüngeren etwas in Vergessenheit geriet. Vier bis sechs Monate dauert es, bis ein Produkt alle Abteilungen des Hauses und das gesamte technische Untersuchungsprogramm durchlaufen hat. Manch ein Angebot ist bis dahin aus dem Handel schon wieder verschwunden.
Auf wichtige Trends reagierte die Stiftung spät, insbesondere auf die Bio-Welle. Erst zum 40-jährigen Jubiläum vor drei Jahren begann Test, bei ausgewählten Produkten die sozialen und ökologischen Umstände zu prüfen, unter denen zum Beispiel Sportartikel oder Waschmittel hergestellt werden.
Davon hat vor allem "Öko-Test" profitiert. Die alternative Testzeitschrift, die dem gleichnamigen Verlag mit Sitz in Frankfurt am Main gehört, verkauft monatlich 163.000 Exemplare. Die Leser sind nach Verlagsangaben überwiegend zwischen 35 und 45 Jahre alt. Die von "Öko-Test" beauftragten Labors prüfen allerdings nur das Vorhandensein ausgewählter Schadstoffe; ein Gesamturteil, das etwa den Gebrauchswert oder die geschmacklichen Eigenschaften der Produkte einschließt, bleiben sie meist schuldig.
Das Internet soll nun helfen, die Konkurrenz abzuschütteln. "Mit personalisierten und benutzerfreundlichen Angeboten im Netz wollen wir als moderner Dienstleister auftreten", erklärt Hubertus Primus, der den Bereich Publikationen leitet. Mitte September ging der komplett neu gestaltete Internetauftritt der Stiftung an den Start.
Der traditionelle Nutzer hatte "test" abonniert und in Schubern archiviert. War eine Anschaffung fällig, so wurde das entsprechende Heft hervorgeholt. Wer dagegen heute zum Beispiel eine Waschmaschine kaufen und sich über die Testergebnisse verschiedener Marken informieren möchte, geht oft ins Internet und sucht gezielt, anstatt am Kiosk eine Zeitschrift zu besorgen, in der neben dem gesuchten Artikel auch Brotaufstriche und Bestattungsunternehmen getestet werden.
Das soll nicht nur mehr, sondern auch jüngere Leser anziehen. Seit 2002 wird so genannte Aktionsware von Discountern getestet, also wechselnde Angebote wie etwa der Aldi-Computer. Im Schnelltest wird jede Woche ein Aktionsartikel untersucht, das Ergebnis steht spätestens nach drei Tagen im Netz. Abhängig vom Thema registriert die Onlineredaktion zwischen 5.000 und 50.000 Zugriffe.