ISRAEL
Erinnerungen des jüdischen Diplomaten Yissakhar Ben-Yaacov
Yissakhar Ben-Yaacov ist sicher, dass jedes Streben nach vernünftigem Handeln ein wichtiger Beitrag zum Überleben der Menschheit sein kann. Vom ersten Tag an war Ben-Yaacov im auswärtigen Dienst des jungen Staates Israel tätig: Während seiner aktiven Zeit arbeitete er im Konsulat in München (1948-1953) und für die Israel-Mission in Köln (1956-1959). Danach leitete er die israelischen Botschaften in Nigeria (1969-1973), Österreich (1979-1983) und Australien (1983-1987). Zwischendurch sammelte der Autor Erfahrungen als Politikberater, indem er fünf Jahre lang den Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek unterstützte. In dieser Zeit gehörte er zu den Mitbegründern der international hoch angesehenen "Jerusalem Foundation". Nach seiner Pensionierung leitete Ben-Yaacov die "ORT Deutschland e.V", also die deutsche Sektion des internationalen jüdischen Wohlfahrtsverbandes. Für seine Verdienste um die israelisch-deutschen Beziehungen und seinen Einsatz für Völkerversöhnung erhielt der Diplomat 1992 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
Als Yissakhar Ben-Yaacovs Vater, ein Hamburger Versicherungskaufmann, Hitlers Machwerk "Mein Kampf" gelesen hatte, war ihm klar, dass die Deutschen jüdischen Glaubens nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verfolgt werden würden. Deshalb beschloss er 1933, seine Familie in Sicherheit zu bringen, und ging nach Palästina. So musste der elfjährige Yissakhar mit zwei Geschwistern sein Kindheitsparadies verlassen und sich im europäisch-asiatisch geprägten Palästina zurechtfinden. Rat- und vor allem tatenlos mussten die Juden in Palästina zusehen, wie die Vernichtungsmaschinerie der Nazis wütete.
Seine Sprachkenntnisse, vor allem aber seine deutschen Wurzeln, waren der Grund dafür, dass Ben-Yaacov 1948 nach München geschickt wurde.
Lesenswert sind die Erlebnisse des Diplomaten, der schon als Mitglied der Jewish Agency Delegation in den Displaced-Persons Camps in der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone den überlebenden Juden half, nach Palästina, später nach Israel, auszureisen. Von tiefer Trauer erfüllt beschreibt der Autor seine Tätigkeit im besetzten Deutschland. In der Heimat seiner Vorfahren erlebte er auch den 14. Mai 1948, den vorletzten Tag des britischen Mandats in Palästina: "Dieser Tag ging nicht in die Geschichte ein, weil er ein Ende markierte. Er wurde historisch, weil er einen der größten Neuanfänge in der Geschichte des jüdischen Volkes einläutete: die Wiedergeburt der jüdischen Souveränität im Land der Vorväter."
Yissakhar Ben-Yaacov schreckt nicht davor zurück, von den Konflikten in der Führung der jüdischen Gemeinden und im Zentralrat der Juden zu berichten: Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf den Streit in Bezug auf die Umsiedlung aller überlebenden deutschen Juden nach Israel. Ausführlich beschreibt er die ersten zaghaften zwischenstaatlichen Kontakte zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland, die ersten Schritte der Restitutionen und der Wiedergutmachungspolitik, die dazu führten, dass 1956 aus allen israelischen Pässen der Zusatz: "Gültig für alle Länder, ausgenommen Deutschland", gestrichen wurde. Seine deutschen Gesprächspartner, die Ben-Yaacov als Diplomat kennen lernte, werden durchweg für ihren Einsatz für den Staat Israel gelobt.
Bemerkenswert sind die Eindrücke, die Ben-Yaacov als Botschafter in Wien sammelte: In der österreichischen Metropole hatte er sich mit der umstrittenen Nahostpolitik Bruno Kreiskys auseinanderzusetzen, stieß aber gleichzeitig auf viele Freunde Israels. Kritische Worte findet der erfahrene Diplomat vor allem für die Politik Menachem Begins und den israelischen Angriff auf den Libanon im Jahr 1980.
Es ist ein reiches Leben, das Ben-Yaacov vor dem Leser ausbreitet. Er kann sicher sein, einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung der Völker geleistet zu haben.
Leben für Israel. Erinnerungen eines Diplomaten.
Hoffmann & Campe, Hamburg 2007;
350 S., 22 ¤