Arbeit und Soziales
Die Koalition lobt sich für weniger Arbeitslose. Die Opposition protestiert. Und was macht der Etat?
Für den neuen Bundesarbeitsminster Olaf Scholz (SPD) war es eine Steilvorlage, die er gern annahm. Noch vor der offiziellen Bekanntgabe durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) verkündete der 49-Jährige, dass die Zahl der Arbeitslosen im November auf 3,38 Millionen gesunken sei. Mit dieser Mitteilung bestimmte der Nachfolger von Franz Müntefering (SPD) in seiner ersten Ministerrede vor dem Bundestag am 29. November prompt die vormittägliche Nachrichtenlage. Kein Wunder, denn es handelt sich um die niedrigste Zahl seit 1992.
Darauf könne die Koalition stolz sein, sagte Scholz. Was diese in der abschließenden Debatte über den Einzelplan 11 auch ausgiebig tat. Allen voran der Minister selbst. Die Reform-Agenda zeige Wirkung, und man könne sagen: "Wir waren erfolgreich." Unions-Haushaltsexperte Hans-Joachim Fuchtel lobte den Rückgang der Arbeitslosenzahlen um 600.000 im Vergleich zum Vorjahresmonat, die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages auf 3,3 Prozent und das Anwachsen der Rentenkassenrücklage. Die frisch gebackene arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD, Andrea Nahles, spottete, die Opposition versuche erfolglos, ein Haar in der Suppe zu finden.
Zumindest dafür, dass der eigentliche Anlass der Debatte, der Etat für Arbeit und Soziales, nicht unterging, sorgte die Opposition. Anders als die Koalition sieht sie mit dem Werk Fehlanreize, Haushaltsrisiken und falsche Weichenstellungen verknüpft.
Doch zunächst zu den Fakten des Ausgabenschwergewichts. Anders als in den Vorjahren präsentiert es sich im kommenden Jahr leicht abgespeckt. Das Minus von 269,67 Millionen Euro im Vergleich zu 2007 fällt angesichts der insgesamt veranschlagten 124,04 Milliarden Euro jedoch kaum ins Gewicht. Wohl aber ist der Anteil des Etats an den Gesamtausgaben des Bundes rückläufig, er beträgt nun knapp 44 Prozent. Die Zuweisungen und Zuschüsse belaufen sich auf 123,79 Milliarden Euro (2007: 124,41). Investitionen spielen eine marginale Rolle: Vorgesehen sind 24,2 Millionen Euro. Die Personalausgaben machen 156,97 Millionen Euro (161,11) aus, die sächlichen Verwaltungsausgaben 70,2 Millionen Euro (80,81).
Wie schon in den Vorjahren wird der Bund auch 2008 am meisten für die Renten ausgeben; knapp ein Drittel des Bundeshaushaltes wird an die Rentenkassen überweisen. Die Leistungen an die Rentenversicherung belaufen sich 2008 auf 78,2 Milliarden Euro, rund 130 Millionen Euro weniger als noch 2007. Große Teile des Geldes - 30,16 Milliarden Euro (29,99) - wandern als Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung. Hinzu kommen unter anderem ein weiterer Zuschuss zur Abgeltung nicht beitragsgedeckter Leistungen in Höhe von 18,19 Milliarden Euro (17,86), Beitragszahlungen für Kindererziehungszeiten in Höhe von 11,48 Milliarden Euro (11,55) sowie der Bundeszuschuss für die Ostrenten in Höhe von 8,08 Milliarden Euro (8,16). Mit 6,15 Milliarden Euro (6,46) will sich der Bund an der knappschaftlichen Rentenversicherung beteiligen.
Bei den Einnahmen verzeichnet der Etat ein Plus von 938,93 Millionen Euro (rund 14 Prozent). Sie liegen nun bei 6,72 Milliarden Euro. Wie kommt dieser Zuwachs, immerhin der zweitgrößte unter den Einzelplänen, zustande? Der so genannte Aussteuerungsbetrag, den die Bundesagentur für Arbeit (BA) für die ins Arbeitslosengeld II (Alg II) abgerutschten Klienten zahlen musste, wurde durch den so genannten Eingliederungsbeitrag ersetzt. Damit soll sich die BA dauerhaft und verlässlich an den Hartz-IV-Kosten des Bundes beteiligen. Der Eingliederungsbeitrag bringt dem Staatssäckel 5 Milliarden Euro, gut 1 Milliarde Euro mehr als das Vorgängerinstrument im Jahr 2007. Begründet wird der Finanztransfer von der Regierung damit, dass der Bund im Rahmen der Arbeitsmarktreformen in den vergangenen Jahren Aufgaben von der BA übernommen hat. FDP-Haushaltsexpertin Claudia Winterstein warf der Regierung dagegen vor, sich aus den Taschen der Beitragszahler zu bereichern. Die BA werde "immer mehr zum Selbstbedienungsladen der Bundesregierung", kritisierte sie. Und die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Anja Hajduk, warf der Regierung vor: "Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht und überstrapazieren die Bundesagentur."
Allerdings wird die BA vom Bund mit den Einnahmen aus einem Mehrwertsteuerpunkt bezuschusst. Winterstein geißelte dies als "Verschiebebahnhof". Zugleich verlangte sie, den Arbeitsmarktdschungel zu lichten. Das versprach der neue Arbeitsminister. Der Instrumentenkasten müsse kleiner, die Vermittlung besser werden, sagte Scholz und kündigte an: "Das wird in wenigen Wochen erfolgen."
Die Linke und die Grünen setzten mit ihrer Kritik bei der Grundsicherung an. Hajduk verlangte, den Regelsatz auf 420 Euro anzuheben. Allein mit einem Inflationsausgleich müsse der Satz statt bei 347 bei 380 Euro liegen. Die Linksparlamentarierin Kornelia Möller forderte eine Erhöhung auf 435 Euro. Vergeblich. Die beiden Oppositionsfraktionen scheiterten mit ihren Anträgen ( 16/7317 , 7318).
Für Hartz IV will der Bund 34,89 Milliarden Euro (2007: 35,92) ausgeben. Dazu zählen das Alg II in Höhe von 20,88 Milliarden Euro (21,4) und die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in Höhe von 6,4 Milliarden Euro (6,5) - also beispielsweise Weiterbildung, Bewerbungstraining und die so genannten Ein-Euro-Jobs. Der Löwenanteil dieser Finanzmittel, nämlich 4,2 Milliarden Euro, soll über Verpflichtungsermächtigungen (Ausgaben, die in kommende Jahre verschoben werden) finanziert werden.
Insgesamt sind in den Etatentwurf 2008 Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 5,27 Milliarden Euro (4,34) eingestellt. An den Kosten für Unterkunft und Heizung beteiligt sich der Bund mit 3,9 Milliarden Euro (4,3). Der Bundesrat machte dafür am 30. November den Weg frei. Monika Pilath z