Es gibt Politiker, die kommen ganz einfach bodenständig daher. Den feinen Anzug könnten sie mit dem einfachen Trachtenjanker tauschen, die schnittige Sportjacke mit der Gartenkluft. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Kurt Rossmanith gehört dazu. Als der Allgäuer 1980 ins Parlament einzog, hat er sich "extra nur handfeste" Themen ausgesucht: Sicherheits- und Verteidigungspolitik ("unabdingbar für unser Land"), den Haushaltsausschuss ("da bestimmt man fast alles") und die kleine, aber sehr innovative Sparte Luft- und Raumfahrt ("das ist die Zukunft"). Der Bauernsohn, der noch immer regelmäßig zu Hause in Kaufbeuren den heimischen Boden umgräbt, liebt aber auch das andere Element: die Luft. Rossmanith, der im vergangenen Monat 63 Jahre alt geworden ist, springt regelmäßig Fallschirm. "Da ist man eins mit der Natur", sagt er und richtet sich dann sehr gerade in seinem Sessel auf. "Und man verliert in keinem Moment den Respekt vor ihr."
Der Politiker amtiert seit 1994 als Vorsitzender der informellen und interfraktionellen Gruppe Luft- und Raumfahrt. Denn das hat er bald erkannt: Dort, wo die Sterne glitzern, ist ein neuer Verteilungskampf entbrannt. Der geht nicht nur um die Frage, ob die Amerikaner oder die Russen ihre Waffensysteme aufrüsten, sondern er geht auch um die Installation hochdifferenzierter Kommunikations- und Aufklärungssysteme. Rossmanith und seine europäischen Kollegen wollen, dass mit Hilfe entsprechender Satelliten in Zukunft noch mehr Umweltdaten aus dem All erstellt werden können. Die Wissenschaftler können dann sehen, ob und wie viel Öl ein Schiff in der Elbmündung abgelassen hat, ob ein Landwirt bei der Ausbringung seiner Jauche genug Abstand zum nahen Fluss hält. Aber auch ein Tsunami wird wegen der veränderten Struktur der Wellen auf dem Meer sehr frühzeitig gemeldet werden können. Aber wie immer im Leben sind die Sterne, nach denen man greift, nicht umsonst. Bis 2017 wird das Programm circa 3 Milliarden Euro kosten. "Da müssen wir ordentlich in unseren Fraktionen werben", erzählt Rossmanith und erklärt damit auch den Zusammenschluss der Parlamentariergruppe. "Das sind alles Experten, viele davon selbst Piloten. Da geht es nicht um Parteipolitik."
Mindestens genauso prestigeträchtig ist das zweite Programm, mit dem sich die Parlamentariergruppe Luft- und Raumfahrt derzeit beschäftigt. Denn es geht um Macht. Und die, das ist das erklärte Ziel der Deutschen und der anderen Europäer, wollen sie den USA nicht allein überlassen. Die Europäer wollen mit ihrem Kommunikationssystem Galileo eine Konkurrenz zum amerikanischen Ortungssystem GPS installieren. GPS, eigentlich ein Produkt aus der Militärindustrie, haben die Amerikaner seit Jahren freigeschaltet. Aber jederzeit können die USA es auch wieder abschalten. "Das ist Macht pur", sagt Rossmanith und hebt entschieden den Zeigefinger: "Das geht nicht." Doch auch bei Galileo drückt die Europäer der Schuh. "Nach der Entscheidung der EU im November 2007 über die Finanzierung der 3,4 Milliarden Euro müssen die 30 Galileo-Satelliten unbedingt bis 2013 im Orbit sein", sagt Rossmanith und guckt gen Osten. Denn auch Russland, Indien und China arbeiten intensiv an eigenen Satelliten-Navigationssystemen. Für Deutschland wird es in der nächsten Zeit darum gehen, den industriellen Anteil an Galileo den deutschen EU-Beiträgen entsprechend zu sichern.
Nun drängt die Zeit. Gleich wird Kurt Rossmanith im neu eröffneten Berliner "Hotel de Rome" einen Parlamentarischen Abend mit dem Unternehmen Rolls Royce eröffnen. Das ist neben MTU der größte Triebwerkshersteller in Deutschland. Der Branche soll weitere "Schubkraft" verliehen werden - Rossmanith selbst nutzt die eigene. Der Familienvater von vier erwachsenen Kindern radelt mit seinem alten "Steiger"-Rad vor das Entrée des Hotels. Das robuste Gefährt hat sich Rossmanith als 16-Jähriger vom ersten selbstverdienten Geld aus dem Ferienjob gekauft. "Das hat für mich mehr Wert als jedes teure Rennrad", sagt er. Letztlich kommt es darauf an zu wissen, wie die Bodenhaftung ist. Rossmanith versteht etwas davon. Gerade weil er sich viel mit Himmelsthemen beschäftigt.