GOLDEN RECORD
Eine CD gibt Auskunft über die Menschheit
Die Erwartungen an die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 waren hoch, als sie im Jahr 1977 von Cape Canaveral aus ins All geschossen wurden: Mindestens bis zum Jupiter und zum Saturn sollten sie es schaffen, mit etwas Glück sogar bis zum Uranus und zum Neptun, um auch von dort Bilder zur Erde zu senden. Darüber hinaus hegte man bei der NASA ganz andere Hoffnungen: Selbst wenn die Generatoren der beiden Sonden etwa im Jahr 2020 nicht mehr genug Energie liefern würden, um den Kontakt zur Erde zu ermöglichen, würden die Mini-Raumschiffe weiter durchs All sausen, irgendwann die Grenze unseres Sonnensystems überqueren und in einigen zehntausend Jahren dann anderen Sternen näher sein als der Sonne. Im ganz unwahrscheinlichen Fall, so die Überlegung, würden sie schließlich von Außerirdischen eingesammelt. Dann aber wollte man nicht mit leeren Händen dastehen. Trugen ältere Raumsonden bereits Metallplaketten mit gezeichneten Informationen zur Herkunft der Sonden und deren Erbauern mit sich, sollten Voyager 1 und 2 eine ganze Sammlung an Auskünften über die Menschheit und deren Heimatplaneten mit auf den Weg nehmen.
Beauftragt mit der Zusammenstellung wurde Carl Sagan von der Cornell University. Das Ergebnis ist ein schallplattenartiger analoger Datenträger aus vergoldetem Kupfer, der mit einem Tonabnehmer und einer Nadel an den Sonden montiert wurde. Auf seiner Hülle befindet sich in Zeichnungen und binärem Code eine Bedienungsanleitung. Demnach ist er mit 16 2/3 Umdrehungen pro Minute abzuspielen. Sagan spannte den Bogen weit: Den Anfang der so genannten "Golden Record" belegen 115 Bilder, darunter eine Ansicht der Erde vom Weltraum aus und anatomische Studien des Menschen. Die Fotografie eines nackten Paares fiel der Zensur der NASA zum Opfer. Es folgen natürliche Geräusche wie Wind, Donner und Tierlaute, sowie gesprochene Grüße in 55 Sprachen - vom vor sechstausend Jahren gebräuchlichen Altsumerisch bis zum modernen chinesischen Dialekt Wu. Der deutsche Gruß lautet schlicht: "Herzliche Grüße an alle!" Den Abschluss der auch als "Sounds of Earth" bezeichneten Disc bilden 90 Minuten Musik. Die beiden Missionen sind bisher ein voller Erfolg: Nachdem Voyager 1 Jupiter und Saturn passiert hatte, wurde sie in Richtung des interstellaren Raumes gelenkt und ist inzwischen das am weitesten von der Erde entfernte, vom Menschen gebaute Objekt. In wenigen Jahren könnte sie die Grenze unseres Sonnensystems erreichen.
Der Autor ist Mitarbeiter im Wissenschaftsressort der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".