ARCHITEKTUR
Das Leben in der Schwerelosigkeit soll bequemer werden. Schon gibt es erste Entwürfe für Weltraumhotels.
Kabel, Schläuche, Geräte - und immer Maschinenlärm: Weltraumstationen sind nicht gerade der Inbegriff von Komfort. Feuchttücher statt Dusche, Essen aus der Tube, dazu kaum Platz und keinerlei Privatsphäre. Doch das soll sich in Zukunft ändern: Je länger die Aufenthalte im All dauern, desto wichtiger ist schließlich eine Umgebung, die an menschliche Bedürfnisse angepasst ist. Lebensraum statt Überlebensraum heißt so auch die Devise der Europäischen Raumfahrt Agentur (ESA): Architekten und Materialwissenschaftler tüfteln bereits emsig an einer Weltraumarchitektur, die das Leben im All bequemer - und schöner - machen soll. Eine Aufgabe hart an der Grenze des Machbaren, denn nur wenige Materialien eignen sich dafür überhaupt: Aluminium, Kohlefaser, wenige Kunststoffe. Farben dürfen zudem nicht reflektieren, scharfe Kanten müssen vermieden werden - und vor allem leicht soll es sein. Schließlich verursacht jedes zusätzliche Gramm Kosten.
Von solchen Einschränkungen lassen sich die Visionäre des Weltraumdesigns jedoch nicht abschrecken: Marc Flick, Darmstädter Ingenieur für Architektur, stellte jüngst seinen "Versatile Tank" vor, eine Weltraumwohnung in Form eines Rades: Acht Räume, inklusive Küche, Bibliothek und Fitnessraum. Muskelschwund und wackelige Beine nach der Rückkehr aus der Schwerelosigkeit würden damit der Vergangenheit an- gehören.
Auch Lagerkoller dürfte künftig kein Problem mehr sein: Johann Eisele, Professor für Architektur an der TU Darmstadt, hat zusammen mit der Nasa den "iMorph" entwickelt, sackähnliche Blasen aus synthetischen Muskelfasern, die nach der Landung außerhalb der Kapsel aufgeblasen werden - und so für mehr Privatsphäre sorgen. Der Clou im Innern: Die Wand des elastischen Gebildes ist ein Display, auf dem sich Filme abspielen lassen - oder Projektionen von Himmel und Wolken, falls es einem Astronauten an Bord zu eng wird. Von Eiseles Studenten stammt eine weitere Erfindung: Die "Space-Shower", eine Dusche, die mit Wasserdampf funktioniert. Für die Jungdesigner eine Entwicklung mit Zukunft, schließlich entdecken immer mehr Touristen das All, die auch hier Komfort zu schätzen wissen. Der spanische Architekt Xavier Claramunt zumindest ist überzeugt, dass Reisen ins Orbit bald Trend unter Superreichen sein wird. Für 2012 plant er daher, rund 450 Kilometer über der Erde die "Galactic Suite" zu eröffnen, das erste einer Kette von Weltraumhotels. Auch als Zwischenstopp für künftige Besiedelungen im All könnte das Hotel dienen, glaubt er. Noch klingt das zwar reichlich exotisch, doch auch die ESA plant bereits permanente Wohneinrichtungen auf dem Mond - als Testfeld und Ausgangsbasis für bemannte Langzeitmissionen wie etwa zum Mars. Wie diese Wohnungen allerdings errichtet werden könnten, da haben die Architekten unterschiedliche Vorstellungen: Direkt ins Mondgestein eingegraben würden Wohnungen zwar vor kosmischer Strahlung geschützt sein, und man sparte sich den teuren Transport von Materialien. Doch einen Vorteil hätte das Bauen auf dem Mond auf jeden Fall: Die Schwerkraft beträgt dort nur ein Sechstel der Erde, zudem gibt es keinen Wind. Quasi ideale Bedingungen für gewagte Konstruktionen wie etwa die des holländischen Architekten Hans-Jürgen Rombaut: Er plant Wohntürme, die 160 Meter in die Höhe ragen.