UMWELTMONITORING
Immer modernere Wettersatelliten
Das wichtigste Ziel der Raumfahrt ist unser eigener Planet. Selbst die zum Mond fliegenden Apollo-Astronauten bezeichneten die aus großer Distanz sehr eindrucksvolle blau-weiße Erdkugel als wichtigste Entdeckung ihrer Mission.
Neben den dominierenden Nachrichten-Satelliten bilden denn auch die Erdbeobachtungs-Trabanten heute die zweitgrößte Gruppe von Raumfahrtnutzlasten. Dabei geht das Aufgabenspektrum solcher Trabanten inzwischen weit über die reine Wetterbeobachtung, die zunächst im Vordergrund stand, hinaus.
Heute starten regelmäßig Spezialsatelliten für die Beobachtung des Festlandes, der Ozeane, der Polzonen und natürlich auch für die Analyse der Vorgänge in der Erdatmosphäre. Auch zur Überwachung des Weltraumwetters werden Satelliten ins All geschickt, vor allem um den beständigen Einfluss der Sonnenaktivitäten auf unseren Heimatplaneten zu beobachten.
Solange die Menschen an die Erdoberfläche gefesselt waren, konnten die Forscher nur lokale Umweltphänomene erfassen. Erst mit der Erfindung von Ballonen, Zeppelinen und Flugzeugen eröffneten sich auch regionale Einblicke.
Mit der Schifffahrt ließen sich bald auch Informationen über die Verhältnisse auf den Ozeanen gewinnen. Doch erst mit dem Einsatz entsprechend instrumentierter Satelliten bekamen die Wissenschaftler eine globale Übersicht, einen umfassenden Blick auf unseren Heimatplaneten und die Vorgänge in seiner Biosphäre.
Nach den ersten aufregenden Einzelmissionen haben wir heute eine kontinuierliche Beobachtung unserer Erdoberfläche und mehrere Netze entsprechend ausgerüsteter Satelliten auf nahen und fernen Umlaufbahnen.
Insofern kennen wir die Vorgänge auf dem Festland, in den Ozeanen und in der Atmosphäre heute sehr viel genauer als noch vor 50 Jahren. "Doch die Satelliten haben uns auch das sehr große Gefährdungspotenzial aufgezeigt, dem die im Verhältnis sehr dünne und verletzliche Biosphäre durch die Ausdünstungen der menschlichen Zivilisation ausgesetzt ist", erklärt Tilmann Mohr, der frühere Leiter der europäischen Wettersatelliten-Organisation Eumtsat in Darmstadt.
Den ersten Wettersatelliten starteten 1960 die Amerikaner mit Tiros-1, seitdem folgten insgesamt fast hundert auch sowjet-russische, europäische, chinesische, japanische und indische Wolkenspäher nach. Doch die NASA blieb der Schrittmacher, nach dem Tiros-, ITOS- und ESSA-Programm folgten die NOAA-Satelliten, regelrechte Wetter-Beobachtungs-"Maschinen", die jetzt von der "Nationalen Ozean- und Atmosphären-Administration" betreut werden.
Ab 1964 startete die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA sozusagen in einer Nebenlinie auch die Nimbus-Satelliten. Sie beobachteten nicht nur die Wolkenwanderungen in der Atmosphäre, sondern erforschten auch die jahreszeitlichen Vegetationsänderungen an der Oberfläche der Festländer und alle Vorgänge in der Gashülle um unseren Planeten. Mit der Zeit wurden die aus den Satellitendaten abgeleiteten Wetterprognosen immer langfristiger und zuverlässiger, zunächst gab es die Drei-Tage-Vorhersage, jetzt arbeiten die Experten an der Wochen-Prognose mit 70-80-prozentiger Trefferquote.
Die sieben sehr erfolgreichen Nimbus-Satelliten waren die Vorhut für alle anderen Umweltsatelliten, die seitdem gestartet wurden und die uns erstmals auch den großen Einfluss der menschlichen Zivilisation auf all diese Vorgänge offenbarten. Das führte die NASA schließlich zu den ab 1972 gestarteten Landsat-Trabanten mit bisher acht gestarteten Nutzlasten zur Erfassung der Erdoberfläche und vor allem der rasch wechselnden Vegetation.
Erst allmählich ging die Verantwortung für solche Satellitenprogramme und die Auswertung der reichlichen Datenübertragungen von den technisch-wissenschaftlichen Experten an die eigentlichen Nutzer über, also Meteorologen und Ozeanologen, Land- und Forstwirte, Geografen und Geologen. Die Liste der potenziellen Nutzer wurde immer länger und die Zeit, in der sie aktuelle Daten verfügbar hatten, immer kürzer.
Mit modernen Infrarot-Sensoren können die Wettersatelliten die Wolkenwanderungen inzwischen auch auf der Nachtseite der Erde verfolgen, ein moderner NOAA-Satellit erfasst mit seinen Weitwinkelkameras täglich einmal die ganz Erdoberfläche. Auch die Europäische Raumfahrt-Organisation ESA startet seit 1978 eigene Wettersatelliten.
Die inzwischen neun Meteosat-Trabanten werden im geostationären Erdorbit quasi über Europa "verankert" und belichten rund um die Uhr alle 30 oder neuerdings 15 Minuten ein neues Bild der Erdkugel. Dort in 36.000 km Entfernung kreisen die Trabanten in 24 Stunden einmal um die Erde, also synchron zur Tagesdrehung unseres Planeten.
So haben sie sozusagen die ganze halbe Erde im Blickfeld. Mit zwei oder drei solcher Satelliten haben die Wetterbeobachter tatsächlich die ganze Erde im Auge, wenn auch das Auflösungsvermögen mit nur ein bis zwei Kilometern nicht sehr hoch ist. Diese großräumige Beobachtung der Wolkenwanderungen in der nördlichen Hemisphäre ist ein sehr wichtiger Beitrag für langfristige Wetterprognosen.
Doch erst der 2002 gestartete "Envisat"-Satellit hat Sensoren sowohl für die optische als auch für die Radarbeobachtung der Erde, um alle Formen der Erdbeobachtung in mehreren Spektralbereichen zu ermöglichen. Damit zieht Europa mit den Amerikanern gleich, die schon Jahre zuvor ihre umfassend instrumentierten Erdsatelliten vom Typ "Uars" oder "Aqua" und "Terra" gestartet hatten.
Allerdings: Diese Erdbeobachtungs-"Maschinen" sind groß und schwer und teuer, schon arbeiten die Europäer zum Beispiel an kleineren, preisgünstigeren, so genannten Sentinel-Satelliten, die in etwa fünf Jahren gestartet werden sollen.
Im vergangenen Sommer hat auch Deutschland, das die Radartechnologie für Erdbeobachtungssatelliten wesentlich vorangetrieben hat, seinen ersten eigenen Radarsat zur hoch auflösenden Erdbeobachtung gestartet. "TerraSAR" umkreist unseren Planeten auf einer über die Pole führenden Umlaufbahn in 500 Kilometern Höhe alle 92 Minuten einmal.
Die Abtastung der Oberfläche erfolgt mit wechselnder Auflösung von 16, drei und einem Meter. Diese Radaransichten der Erdoberfläche sind - wenn auch zunächst nur in Schwarz-Weiß - sehr scharf und detailreich, Laien können sie kaum von herkömmlichen optischen Erdbildern unterscheiden.
So gibt es inzwischen Dutzende Satelliten zur Beobachtung aller normalen und gefährlichen Erscheinungen in der Biosphäre. Nun ist es Sache der Politiker in aller Welt, ob sie Lehren aus den Beobachtungen ziehen wollen - mit durchgreifenden Maßnahmen zur Reduzierung der schädlichen Einflüsse der Menschheit auf die Natur.