Klimaschutz
Der Rottenburger Bischof setzt auf Photovoltaik-Anlagen. Wie die Kirche Kosten senken will.
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart mit ihren zwei Millionen Katholiken will den Klimaschutz voranbringen. Sie legte einen 10 Millionen Euro starken Solarfonds auf und engagiert sich bei der energetischen Gebäudesanierung. Treibende Kraft der bundesweit beachteten Initiative ist Bischof Gebhard Fürst.
Über 6.000 Gebäude sind im Besitz der Diözese. Die Palette ist bunt gemischt und reicht von Fachhochschulen, Behindertenwerkstätten, Altenheimen, Kindergärten, Gemeindezentren mit Jugendräumen bis zu Pfarrhäusern und Kirchen. Viele davon sind stark sanierungsbedürftig und verschlingen viel Energie. Hier setzt der Solarfonds der Diözese an. "Wir wollen die ökologische und energetische Gebäudesanierung mit dem Einsatz von Photovoltaik kombinieren", sagt Bischof Gebhard Fürst. "Bevor die Module aufs Dach kommen, schaut sich unser bischöfliches Bauamt den Gesamtzustand des Gebäudes an."
Mit den zinsverbilligten Krediten des Fonds werden begleitend zur Installation von Solaranlagen vor allem Modernisierungsmaßnahmen unter dem Dach finanziert. Dazu gehören beispielsweise eine verbesserte Dämmung, die Flachdachsanierung oder ein erhöhter Planungsaufwand. Der Zinssatz der Darlehen liegt derzeit bei vier Prozent, die Laufzeit ist variabel. Antragsberechtigt sind Kirchengemeinden und alle kirchlichen Einrichtungen. Die Gelder für den Fonds stammen nicht aus dem regulären Haushalt, sondern von einer Art Hausbank der Diözese.
"Wir wollen in den kommenden fünf Jahren den Energieverbrauch und Energiebedarf aller unserer Gebäude erfassen, um Modernisierungsmaßnahmen umzusetzen", kündigte Bischof Fürst an. Hierzu sollen auch sämtliche Dächer kirchlicher Gebäude auf ihre Eignung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV) geprüft werden. Interessierte Gemeinden sollen hierbei durch ein Netzwerk ehrenamtlicher Berater unterstützt werden. Ein Heer hauptamtlicher Energie- und Solarberater könne man sich nicht leisten, erläutert Fürst. Er zeigt sich zuversichtlich, dass durch die Klimainitiative die Kosten des Energieverbrauchs gesenkt werden können.
Doch dem Bischof geht es nicht nur ums Geld. "Wir sind als Christen beauftragt, diese Schöpfung nicht zu zerstören." Hier sei die Glaubwürdigkeit der Kirche gefordert. "Nicht nur reden, sondern handeln", lautet sein Credo. Und damit Impulse geben und Vorbild für andere sein: "Wenn ein Kirchendach mit Solarmodulen bestückt ist, ist dies im ganzen Ort bekannt und Hunderte von Leuten sehen das jeden Sonntag", sagt Fürst.
Nicht nur einmal weihte er neue PV-Anlagen ein. 1999 ließ Fürst auf dem Dach der Stuttgarter Katholischen Akademie Solarmodule montieren. 2001 folgte der Bau einer 15 Kilowatt starken PV-Anlage auf seinem Rottenburger Bischofssitz, eine seiner ersten Amtshandlungen als neu berufenes Kirchenoberhaupt. Diesen Sommer weihte er eine 26-Kilowatt-Anlage auf dem Stuttgarter Bischof-Leiprecht-Haus ein. Sie war von einer Mitarbeiter-GbR finanziert worden, an der er auch Anteile erworben hatte. Über 50 Solarstromanlagen gibt es mittlerweile auf kircheneigenen Gebäuden in der Diözese. Und monatlich werden es mehr. "Wir waren heilfroh, dass hier noch ein geeignetes Dach frei war", erinnert sich Klaus Barwig und zeigt nach oben. Über dem "Ave Maria" an der der Hauswand des katholischen Kindergartens St. Josef blinken 180 Sharp-Module in der Sonne. 13 Gesellschafter beteiligten sich an der 14,94 Kilowatt starken PV-Anlage im 3.000 Einwohner zählenden Hirrlingen bei Rottenburg. "Einige Interessenten mussten wir auf das nächste Projekt vertrösten", berichtet Barwig, der im Hauptamt als Referent für Migration und Nachhaltigkeit für die Diözese Rottenburg-Stuttgart arbeitet. Er ist einer der Motoren des Solarfonds.
"Durch das öffentliche Echo wurde die Diskussion im benachbarten Kiebinger Kirchengemeinderat intensiviert", berichtet Barwig. Im August ging dort auf dem Dach der Heilig-Geist-Kirche eine Gemeinschafts-Solaranlage mit 30 Kilowatt Leistung ans Netz. 14 Gesellschafter beteiligten sich innerhalb kurzer Zeit mit 137.000 Euro. Das Kirchendach ist mit 30 Grad Neigung und der Südausrichtung ideal für eine hohe Sonnenausbeute. Probleme mit dem Denkmalschutz habe es nicht gegeben, so Barwig. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Kirche aus dem Jahr 1960 das Ortsbild nicht auffällig prägt.
Partner bei der Realisierung der Bürgersolaranlage auf dem Kiebinger Kirchendach war wie in Hirrlingen die EnBW Regional AG. "Ich war da anfangs eher skeptisch, doch aufgrund des guten Services entschieden wir uns für diese Zusammenarbeit", sagt Barwig. So stellte der Energieversorger kostenfrei Musterverträge und Leitfäden zur Gründung einer GbR oder Software zur Wirtschaftlichkeitsberechnung bereit und stundete die Mehrwertsteuer bis zur ersten Ertragsausschüttung. Bischof Fürst baut zudem auf die Freien Katholischen Schulen als Partner seiner Solar- und Klimaschutzinitiative. Um die Anreize zum Mitmachen zu verstärken, überlege man, künftig auch Investitionszuschüsse für die Realisierung von PV-Anlagen und die energetische Modernisierung zu vergeben. Zusätzlich zu dem Solarfonds soll deshalb ein weiterer, 10 bis 15 Millionen Euro starker Fonds der Diözese aufgebaut werden. Nicht nur in der näheren Umgebung Rottenburgs locken also sonnige Zeiten. Hans-Christoph Neidlein