Paraguay
Deutsche investieren in Landbesitz
Die 120 Familien auf der Ansiedlung "Palmital" wurden drei Mal vertrieben, ihre Häuser und Pflanzungen niedergebrannt. Sprecher der Bauerngemeinschaft wurden verfolgt und mit dem Tode bedroht, bevor sie im Gefängnis landeten. Monatelang mussten Männer, Frauen, Kinder und Alte nach der Vertreibung am Rande der zerstörten Siedlung im Freien kampieren, ohne Dach über dem Kopf und mit einem Minimum an Nahrung.
Was den Menschen in "Palmital", bekannt auch als Compania 7 de Agosto, angetan wurde, ist kein Einzelfall in Paraguay. Zwar können brachliegende Ländereien laut Ver-fassung an Landlose umverteilt werden, wenn ein soziales Interesse vorliegt. Jedoch spielen ausgerechnet deutsche Großgrundbesitzer eine unrühmliche Rolle: Der Senat Paraguays hat bisher alle Anträge von Landlosen und indigenen Gemeinschaften abgelehnt, wenn deutsche Staatsbürger das Land gekauft haben. Dies hat eine Studie ergeben, die im Auftrag von "Brot für die Welt", dem Katholischen Hilfswerk Misereor, dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) und der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland erstellt wurde.
"Palmital" entstand vor zehn Jahren durch eine friedliche Besetzung. Jede der 120 Familien erhielt ein Grundstück von bis zu acht Hektar. Der Besitz hat eine Gesamtfläche von 1.003 Hektar. Unterstützt von Menschenrechtsorganisationen beantragten die Besetzer die offizielle Enteignung beim Institut für Ländliche Wohlfahrt. Diese wurde unter Hinweis auf einen Vertrag zwischen Deutschland und der Republik Paraguay über die Förderung und zum gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen abgelehnt. Und dies, obwohl das besetzte Land zuvor jahrelang nicht landwirtschaftlich genutzt wurde. In Artikel 109 der paraguayischen Verfassung ist zwar von Enteignung von "öffentlichem Nutzen und sozialem Interesse" die Rede, doch scheint dies immer dann nicht zu gelten, wenn Auslandsinteressen im Spiel sind.
Die Besitzer des friedlich besetzten Grund-stücks sind deutsche Staatsbürger, die in der Bundesrepublik ihren Wohnsitz haben. Sie hatten das Land über eine spezielle Voll-macht gekauft. Insgesamt sind sieben verifizierbare Fälle von Deutschen bekannt, die Geld anlegen wollten, um sich Sicherheiten für "schlechtere Zeiten" zu schaffen und dann das Land brach liegen ließen, so Roman Herre von FIAN Deutschland. Bis Mitte der 90er-Jahre konnten auf diese Weise noch Steuervorteile beim deutschen Fiskus geltend gemacht werden.
Nach dem jüngsten nationalen Landzensus besitzt nur ein Prozent der Eigentümer 77 Prozent des Landes in Paraguay. Demgegenüber stehen 40 Prozent Kleinbauern, die mit nur einem Prozent des Landes auskommen müssen. Die 351 größten Ländereien sind zusammen 9,1 Millionen Hektar groß. Paraguay weist damit die größte Landkonzentration in Lateinamerika auf und liegt damit noch vor Brasilien.
"Pamital" ist nur ein Beispiel von vielen. Der interamerikanische Menschenrechtsge-richtshof hat den offensichtlichen Miss-brauch des Investitionsschutzabkommens zur Verhinderung einer Agrarreform in ei-nem Urteil vom März 2006 für menschen-rechtswidrig erklärt, bislang jedoch ohne konkrete Folgen.
Der Autor ist freier Journalist in Mainz.