MEDIENPREIS
Lammert lobt gute Zusammenarbeit
Marco Bertolaso ist noch ein wenig müde. Ja, die Nacht sei lang gewesen, er habe mit seinen Kollegen ordentlich gefeiert, sagt er und grinst leicht verlegen. Es ist inzwischen nach elf Uhr am Vormittag. Viel Zeit zum Ausruhen hatte der Chefredakteur der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks nicht, seit ihm und seinen Mitarbeitern am Vorabend, am 20. Februar, der Medienpreis des Deutschen Bundestages verliehen wurde. Schon am frühen Morgen hatte er den ersten Termin und auch jetzt hat er nicht viel Zeit - der Flieger zurück nach Köln, wo der Sender seinen Sitz hat, hebt bald ab.
Bertolaso aber ist sehr zufrieden. "Wir hatten gar nicht damit gerechnet, überhaupt in die engere Wahl zu kommen", sagt er. Auf den Medienseiten der Zeitungen ginge es in der Regel "um die Edelfedern". Doch der Deutschlandfunk berichte in seinen täglich 37 Nachrichtensendungen und sechs Presseschauen "kontinuierlich und sachlich" über die Arbeit des Bundestags. Als die Redaktion eine Mappe mit Arbeitsproben zusammengesetellt habe, habe sie sich selbst gewundert, wie viele Meldungen sie über das Parlament verfassen. "Da dachte ich, wir könnten mal den Hut in den Ring werfen", so Bertolaso.
Bertolaso hatte den richtigen Riecher. Drei Bewerber hatte die aus Hauptstadtkorrespondenten großer Medienhäuser bestehende Jury in die engere Wahl genommen. Neben der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks gehörten Thomas Schmidt von der Wochenzeitung "Die Zeit" und Sven Siebert von der "Sächsischen Zeitung" dazu. Schmidt hatte in einer Art "Selbstversuch" drei Tage lang Plenardebatten im Bundestag verfolgt und darüber eine Reportage geschrieben. Die Jury zeigte sich angetan von der "heiteren bis nachdenklichen Beschreibung des Parlamentsalltags", mit der Schmidt zu einem "vertieften Verständnis des Parlaments und seiner Arbeitsweise" beigetragen habe. Siebert hatte sich mit einer Reportage über die Mitarbeiter des Bundestages, von der Bibliothek bis zur Tiefgarage, beworben. Er stellte dar, wie gründlich die "Maschinerie" des Bundestages durchdacht ist und dass ohne sie der Alltag nicht funktionieren würde.
Doch ein wenig zeichnete der Sieg sich schon in der Vorstellung der Nominierten ab. Es schien, als verweile Peter Frey, Jury-Vorsitzender und Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, ein bisschen länger beim Deutschlandfunk, dessen Nachrichten er als "klar und verlässlich geschrieben" lobte und die der Hörer auch "morgens im Halbschlaf sehr gut verstehen kann". "Nach dem Deutschlandfunk kann man sich wirklich richten", so Frey. Und so konnten die Rheinländer jubeln, als es hieß: "Der Gewinner ist der Deutschlandfunk!"
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) würdigte die "herausragende Berichterstattung" der Redaktion über das Parlament und die parlamentarische Arbeit. "Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass wir kritische Beiträge nicht nur ertragen, sondern sie uns auch wünschen", begründete Lammert den Medienpreis. Er bedankte sich bei den Politikjournalisten für eine "im großen und ganzen gute Zusammenarbeit". Die Medien zeigten einerseits eine "notwendige Distanz für die Erledigung ihres Auftrages", andererseits aber auch "ein gewisses Verständnis und eine Sympathie" für das Parlament. Diese Tatsache sei auch 75 Jahre nach der "Selbstauflösung des ersten Versuchs der deutschen Demokratie" nicht selbstverständlich.
Für Bertolaso und seine Kollegen ist der Preis vor allem eine Bestätigung, dass das Medium Radio beachtet wird. "Der Sog der Kamera ist enorm, deswegen haben wir manchmal das Gefühl, Politik und Bürger nehmen das Radio neben dem Fernsehen nicht so wahr", sagt er. Doch seit der Gründung des Deutschlandfunks im Jahr 1962 sei "das Licht in der Redaktion nie ausgegangen, wir liefern Nachrichten rund um die Uhr". Der Schichtdienst, dem die rund 20 Redakteure ausgesetzt seien, sei natürlich anstrengend. Auch deswegen freue er sich über den Preis.