Reaktion DER EU
Streit um die europäische Rechtsstaatsmission Eulex
Die Reaktion erfolgte prompt: Kaum beschloss das Bundeskabinett am 20. Februar, das Kosovo als unabhängigen Staat anzuerkennen, zog Serbien seinen Botschafter aus Berlin zurück. Am gleichen Tag allerdings war Serbiens Außenminister Vuc Jeremic in Straßburg unterwegs. Er erläuterte Mitgliedern des Europarats und des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament die Position seines Landes.
Teilnehmer berichteten hinterher, der serbische Politiker sei außer sich vor Wut gewesen. "Belgien ist aus dem Wiener Kongress entstanden. Es hat neun Jahre gedauert, bis die Niederlande den neuen Staat anerkannten", erinnerte die liberale EU-Abgeordnete Annemie Neyts anschließend in der Parlamentsdebatte. "Das hätte ich gern dem serbischen Außenminister gesagt, der mir aber leider kein Gehör geschenkt hat." Andere Abgeordnete zeigten sich erleichtert, dass Jeremic dem Ausschuss zusicherte, Serbien werde keine Gewalt anwenden.
Die Tatsache, dass sechs EU-Länder das Kosovo nicht anerkennen wollen, kann als neuerliches Zeichen für den europäischen Zickzack-Kurs in der Außenpolitik gewertet werden. Es ermöglicht aber den Politikern in Belgrad, mit der EU im Gespräch zu bleiben ohne das Gesicht zu verlieren. Sloweniens Außenminister Dimitrij Rupel wandte sich nach dem EU-Außenministerrat am Montag in Brüssel vehement gegen die Interpretation eines Journalisten, Europa sei wieder einmal außenpolitisch gespalten. "Die unterschiedliche Haltung von Spanien, Großbritannien oder anderen ist ein lächerlicher Randaspekt, verglichen mit unserer einheitlichen Haltung in der Hauptsache", beschied er den Fragesteller.
Die "Hauptsache" ist aus Sicht der slowenischen Ratspräsidentschaft die einstimmige Entsendung des EU-Beauftragten Pieter Feith und einer europäischen Rechtsstaatsmission (Eulex) aus 2.000 Polizisten, Juristen und Verwaltungsfachleuten in den neuen Staat. Feiths Vollmachten reduzieren das Kosovo de facto auf den Status eines EU-Protektorats. Er kann Regierungsbeschlüsse blockieren, wenn sie nach seiner Ansicht der Stabilität schaden. Ermittlungen wegen Korruption oder organisierter Kriminalität kann er selbst einleiten und im Notfall sogar hochrangige kosovarische Beamte absetzen.
Rupel hatte schon Ende vergangenen Jahres signalisiert, dass nach seiner Überzeugung die EU das Kosovo anerkennen solle. Daraufhin hatte er sich von seinen Kollegen scharfe Kritik anhören müssen, da Slowenien zum 1. Januar den EU-Vorsitz übernahm und sich daher möglichst neutral verhalten sollte. Doch der EU-Neuling, der selbst ein Produkt der Spaltungsprozesse auf dem Balkan ist, fühlt sich in der Kosovofrage persönlich betroffen. 1991 war das kleine Land zusammen mit Kroatien gegen den vehementen Widerstand anderer EU-Mitglieder von Deutschland anerkannt worden. 16 Jahre später gilt es ökonomisch und politisch als Musterschüler der EU.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow, dessen Land zusammen mit China im Weltsicherheitsrat eine neue Kosovo-Resolution blockiert, verurteilte die Entsendung von Eulex ebenso wie Jeremic als Bruch des Völkerrechts. Auch unter Juristen ist die Mission umstritten, da sie vom UN-Sicherheitsrat nicht beschlossen wurde und sich lediglich auf eine Einladung des Kosovo und eine recht allgemein formulierte Erklärung des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon stützt.