Ein besonderer Tag: Mit geballter Macht marschieren ehemalige und heutige Spitzen von Geheimdiensten und Polizei im Untersuchungsausschuss auf. Doch auch nach der Befragung von Heinz Fromm, Klaus Ulrich Kersten, August Hanning und Ernst Uhrlau am 6. März bleiben in der Sache Zammar die Fronten unverändert: Die Opposition sieht ihren Verdacht nicht ausgeräumt, auch deutsche Stellen könnten Mitverantwortung für die rechtswidrige Verschleppung des Deutsch-Syrers von Marokko nach Damaskus tragen - und andererseits weisen Bundeskriminalamt (BKA), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und Bundesnachrichtendienst (BND) solche Vorwürfe vehement zurück. BfV-Präsident Fromm bezeichnet Zammar als Dschihadisten, der in Richtung "islamistischer Terrorist" tendiert sei. Ex-BND-Chef Hanning, heute Innen-Staatssekretär, spricht von einem "wesentlichen Gefährder" im Umfeld der Attentate von New York. Gegen den Mann mit der Doppelstaatsbürgerschaft wurde nach dem 11. September 2001 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, doch reichte es nicht für einen Haftbefehl. Zammar reiste Ende Oktober 2001 nach Marokko, wo er auf Betreiben der USA verhaftet und nach Damaskus transportiert wurde. Dort ist er seither inhaftiert.
Beweise gebe es zwar nicht, sagt Max Stadler (FDP), doch wegen "nicht erklärbarer" Ungereimtheiten würden nun mal "Spekulationen ins Kraut schießen": dass man nämlich Zammar absichtlich nach Marokko habe fliegen lassen, damit sich dort "die USA um ihn kümmern könnten". Immerhin steht fest, dass das BKA Zammars Reisedaten an das FBI übermittelt hat. Mehrfach konfrontieren neben Stadler auch andere Oppositionsabgeordnete wie etwa Michael Leutert (Linkspartei) die Zeugen mit der Frage, wieso Zammar trotz seiner Einschätzung als eines "Top-Gefährders" ein neuer Pass ausgestellt worden sei. Der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer zitiert die in einem Medienbericht wiedergegebene Aussage eines anonymen Geheimdienstlers, wonach Zammars Festnahme eine Aktion deutscher und amerikanischer Behörden gewesen sei.
Doch die Zeugen dementieren kategorisch. Fromm zur These einer Absprache mit US-Stellen: "Das kann ich nicht bestätigen", das BfV habe Derartiges nicht veranlasst. Hanning und Uhrlau widersprechen ebenfalls entschieden. Ex-BKA-Präsident Kersten betont, auch die Weitergabe von Erkenntnissen an das FBI habe nicht auf eine Verhaftung Zammars in Marokko gezielt. Hanning offenbart sogar, er habe sich gefragt, wieso der Deutsch-Syrer habe ausreisen dürfen. Das sei jedoch eine Entscheidung der Generalbundesanwaltschaft gewesen, "und das habe ich akzeptiert". Ähnlich äußern sich Fromm und Kersten: Man habe Zammar nun mal nicht an seinem Flug hindern können.
Auch mit ihrer Kritik, Zammars Befragung in syrischer Haft im November 2002 durch BND-, BfV- und BKA-Vernehmer sei wegen der gängigen Folterpraxis in jenem Land unzulässig gewesen, stößt die Opposition auf Granit. Fromm und die anderen Zeugen betonen indes, das Verhör habe unter der Auflage stattgefunden, bei Anzeichen auf Folter die Vernehmung abzubrechen. Solche Hinweise seien nicht erkennbar gewesen. Zammar habe während der Befragung "nicht unter besonderem Druck" (Hanning) gestanden. Bei der Befragung habe man nützliche Informationen gewonnen, so Fromm. Allerdings hat Zammar am Ende des Verhörs erklärt, er sei in Marokko und Syrien geschlagen worden.
Mit einer Überraschung wartet dann doch noch Kersten auf: Die Syrer hätten einmal von der Möglichkeit einer "einvernehmlichen Lösung" im Fall Zammar gesprochen. Warum man diese kleine Chance nicht genutzt habe, dessen Auslieferung nach Deutschland zu betreiben, will Stadler wissen. Geklärt wird diese Frage letztlich nicht. Kersten sagt, zunächst habe man ein dann nicht zustande gekommenes zweites Verhör in Syrien erwogen, und dann habe man weitersehen wollen.