Hochschulen
Experten bemängeln die zu starren Lernpläne und fordern mehr Freiräume
Eigentlich war alles ein Zufall: Ohne ein genaues Ziel ging Stefan Hormuth als Student ins Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). "Ich wusste eigentlich nur, ich will ins Ausland und landete schließlich in Texas." Die Lacher im Ausschuss für Bildung und Forschung hatte der heute 58-jährige Hormuth damit auf seiner Seite. Die Abgeordneten hatten ihn in seiner Funktion als Präsident des DAAD geladen, zusammen mit Helmut Schwarz, dem Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung. Es ging um die Internationalisierung des deutschen Bildungssystems: um die Auslandserfahrungen deutscher Studenten und um die Förderung ausländischer Studenten und Forscher in Deutschland.
Heute können Studenten es sich nicht mehr leisten, etwas dem Zufall zu überlassen. 1999 einigten sich 29 europäische Staaten auf den "Bologna-Prozess" und damit auf die Schaffung eines einheitlichen Hochulraums. Auch die deutsche Hochullandschaft änderte sich mit der Einführung von Bachelor- (drei Jahre) und Masterstudiengängen (vier Jahre) komplett.
Fazit heute: "Deutsche Studenten gehen zu selten zum Studium ins Ausland." Das beklagte der DAAD-Präsident während der Sitzung und bezog dies auf die 1999 begonnene Reform, deren Ziel immerhin eine Internationalisierung der Studienangebote gewesen sei. Die für Studenten aber auch für Lehrende wenig flexiblen Lehrpläne würden es Studenten jedoch erschweren, die nötige Zeit für ein Auslandsemester zu finden. Zum Teil hätten die Universitäten, um die nötigen Akkreditierungen für Bachelor-Studiengänge zu bekommen, Lehrpläne "bis auf die genaue Lektüre" schon auf Jahre im Voraus entwickelt. "Jetzt müssen wir Freiräume zurückgewinnen", betonte Hormuth. Internationale Erfahrungen müssten mehr Eingang in die Lehrpläne finden, ohne jedoch das Ziel der grundsätzlichen Verkürzung der Studienzeit aus dem Auge zu verlieren. Er verwies dabei auf stärker werdende Forderungen aus Universitätskreisen, den Bachelor-Studiengang um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre zu verlängern.
Die Konkurrenzfähigkeit deutscher Universitäten bewertete der DAAD-Präsident aber insgesamt als positiv. Deutschland sei das drittstärkste Gastland hinter den USA und Großbritannien. Nicht nur die Exzellenzinitiativen, sondern auch die Graduiertenkollegs würden immer mehr Aufmerksamkeit im Ausland finden. "Deutschland ist bei Doktoranden aus dem Ausland sehr begehrt", sagte Hormuth. Allerdings hapere es derzeit noch an der qualifizierten Betreuung ausländischer Studenten, auf deren hohe Studien-Abbrecherquote er verwies. Der DAAD sei aber dabei, einheitliche Standards für den Umgang mit ausländischen Studenten zu entwickeln.
Für die Alexander von Humboldt-Stiftung stellte Helmut Schwarz, einen Aktionsplan vor, mit dem die Stiftung in den kommenden Jahren die Wissenschaftler-Förderung ausweiten will. Unter anderem sollen mit einer Humboldt-Professur jedes Jahr weltweit zehn Wissenschaftler "erster Qualität" gewonnen werden, um an deutschen Hochschulen mehrere Jahre zu forschen.
Beide Experten, Schwarz und Hormuth, verwiesen auf die "immensen" Investitionen, mit denen Länder in Asien, unter anderem China und Indien, als Bildungsstandorte zunehmend attraktiver würden. Deutschland dürfe da nicht ins Hintertreffen geraten, so ihr Appell.