Der Bildungsminister hat sichtlich Spaß. Er schwingt das Springseil, bleibt mit einem Fuß hängen, schaut aber trotzdem lachend in die Kamera. Das Bild des Fotografen Miroslav Hucek aus dem Jahr 1968 zeigt vor allem eins: Der Politikstil der tschecheslowakischen Regierung war lockerer geworden, die Führungspersonen gaben sich volksnäher. Einige Meter weiter hängen dagegen Bilder der Trauer und des Entsetzens.
"Gesichter des Prager Frühlings" heißt die Ausstellung, die Bundestagspräsident Norbert Lammert mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Róbert Fico und dem tschechischen Ministerpräsidenten Mirek Topolánek am 25. Juni im Paul-Löbe-Haus des Bundestages eröffnete. Ende der 1960er-Jahre hatte sich die Stimmung in der Tschecheslowakei gewandelt, die politischen Führer um den ersten Sekretär der kommunistischen Partei, Alexander Dubcek, hatten politische und wirtschaftliche Reformen eingeleitet. Gewerkschaften und Kulturorganisationen erhielten mehr Autonomie, unter anderem wurden die Pfadfinder nicht mehr verfolgt, sondern durften auch wieder in ihren traditionellen Uniformen auftreten, wie es auf einem der Fotos der Ausstellung zu sehen ist. Doch die Sowjetunion sah ihren Kurs gefährdet. Im August 1968 marschierten daraufhin Truppen aus fünf Staaten des Warschauer Paktes in die CSSR ein und beendeten die Reformbemühungen.
"Es ist eine ungewöhnliche Ausstellung, die auf ein außergewöhnliches Ereignis aufmerksam macht", sagte Lammert. Die Versuche, den Staat demokratischer zu gestalten und deren Niederschlagung, hätten "nicht nur eine außergewöhnliche Wirkung für das Land, sondern auch für Europa und hier nirgendwo mehr als für Deutschland" gehabt. Er sei in diesem Jahr 19 Jahre alt und Wehrpflichtiger der Bundeswehr gewesen und erinnere sich noch sehr gut, wie am Tag des Einmarsches die Nato-Truppen in Alarmbereitschaft versetzt wurden. Zusammen mit Aufständen in anderen Ostblockstaaten gehöre der "Prager Frühling" zu den Ereignissen, die zur Wiedervereinigung Deutschlands geführt hätten.
Auch Tschechiens Ministerpräsidente Topolánek erinnerte an Aufstände in anderen Ländern, darunter den Volksaufstand in Ungarn 1956 und den Aufstand in Berlin 1953. Hier lägen die Wurzeln des "Prager Frühlings". Das Leitmotiv der Ausstellung sei die Freiheit. 1968 habe der CSSR nur eine relative Veränderung gebracht, vor allem, weil die Reformen rückgängig gemacht werden mussten. Zunächst habe es sich auch nur um einen innerparteilichen Machtkampf gehandelt, der sich dann aber in eine Volksbewegung für die Demokratie ausgedehnt habe.
Ministerpräsident Fico hob die Bedeutung Alexander Dubceks als Politiker hervor, der den "Mut hatte, dem Regime ein menschliches Anlitz zu verleihen". Dubcek habe sich sowohl unter Arbeiter gemischt, als auch mit der hohen Gesellschaft verkehrt. Er sei immer von Menschen umgeben gewesen. "1968 ist mit Dubceks weit ausgestreckten Armen verbunden, die alle Menschen umarmen wollten. Deswegen erinnern sich die Menschen so gern an ihn", so Fico.
Die Ausstellung ist bis zum 30. August im Westfoyer des Paul-Löbe-Hauses zu sehen. Öffnungszeiten: Montag 8 bis 16 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 8 bis 17 Uhr und Freitag 8 bis 14 Uhr. Der Eintritt ist frei.