FINANZEN
Sachverständige erwarten keine stärkere Bindung der Arbeitnehmer an Unternehmen
Eine bessere Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital ihrer Unternehmen wird nach Ansicht der meisten Sachverständigen durch das von der Bundesregierung vorgesehene Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz ( 16/10531) kaum oder sogar gar nicht erreicht werden können. Bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss am 5. November empfahl zum Beispiel das Deutsche Aktieninstitut, statt auf die geplanten Kapitalfonds auf breit gestreute Aktienfonds zu setzen. Die Fondslösung werde nicht zu einer gesteigerten Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen führen.
Die Bundesregierung will mit der Neuregelung die Gründung von Fonds ermöglichen, in die die Arbeitnehmer steuerfrei Leistungen des Arbeitgebers (bis zu 360 Euro im Jahr) einbringen. Für die Einzahlungen gibt es außerdem eine im Vergleich zu anderen Anlageformen erhöhte Sparzulage. Im Gegenzug muss der Fonds 75 Prozent seiner Mittel in die Unternehmen investieren, deren Arbeitnehmer in den Fonds einzahlen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lobte den Entwurf, forderte jedoch eine Mindestverzinsung des angelegten Kapitals.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sowie Banken, Versicherungen und Handel bezeichneten den Entwurf in einer gemeinsamen Stellungnahme als "weder zielorientiert noch widerspruchsfrei, weil damit von der sinnvollen Konzentration der Vermögensbildung auf den Ausbau der Altersvorsorge abgegangen und darüber hinaus die wesentlich praktikablere Mitarbeitererfolgsbeteiligung benachteiligt wird". Die Allianz-Versicherung bezeichnete die Verpflichtung, 75 Prozent der Gelder in Unternehmen anlegen zu müssen, als zu hoch. Damit sei eine sinnvolle Risikobegrenzung kaum noch möglich. Das Risiko hätte der Anleger zusätzlich zu seinem Arbeitsplatzrisiko zu tragen.
Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) sah Risiken für die Altersvorsorge. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden nicht in der Lage sein, beide Instrumente (Altervorsorge und Kapitalbeteiligung) gleichzeitig zu nutzen. Wegen der kürzeren Laufzeiten der Anlagen könnten daher verstärkt Mittel in die Kapitalbeteiligung fließen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie erklärte, die Beteiligung am Gewinn sei sehr weit verbreitet. Eine Kapitalbeteiligung werde als zu bürokratisch empfunden. Die Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft wies darauf hin, dass kein Unternehmen in einen Fonds einzahlen werde, wenn es direkte Beteiligungsmöglichkeiten, wie Aktienanlagen, gebe.
Die Bausparkassen-Verbände und der Bundesrat hatten sich gegen die unterschiedlich hohen Sparzulagen für die verschiedenen Anlageformen ausgesprochen. Die geforderte einheitliche Sparzulage hatte die Bundesregierung jedoch in ihrer Gegenäußerung ( 16/10721) zur Stellungnahme des Bundesrates strikt abgelehnt.