Das Parlament: Frau Costa, was bedeutet es für Bolivien, dass mit Evo Morales erstmals ein Indio zum Präsidenten gewählt wurde?
Jimena Costa: Die indigene Mehrheitsbevölkerung war praktisch politisch nicht repräsentiert. Von den reichen Rohstoffvorkommen des Landes konnte sie auch nicht profitieren. Und der Staat hat sich auch sonst nie um sie gekümmert. Das könnte sich nun ändern.
Das Parlament: Evo Morales hat immer wieder angekündigt, dass er die Energieressourcen verstaatlichen will - was bedeutet das konkret?
Jimena Costa: Ich glaube nicht, dass Evo Morales alle Punkte seines Wahlprogrammes in letzter Konsequenz wird erfüllen können. Er ist auf Kooperation angewiesen: Mit anderen Ländern, die ihm das Erdgas abkaufen - und natürlich mit ausländischen Firmen, die den Rohstoff hier in Bolivien fördern. Eine komplette Verstaatlichung würde natürlich Investoren abschrecken; das kann auch nicht im Sinne von Morales sein. Denn er wird Erfolge vorweisen müssen - und dafür benötigt er auch das Geld aus dem Erdgasverkauf. Nur so kann er beweisen, ob er es tatsächlich besser machen kann als seine Vorgänger. Und die Erwartungen an ihn sind groß.
Das Parlament: Wie sieht es mit dem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten aus?
Jimena Costa: Der Knackpunkt ist ja der Koka-Anbau und Morales' ablehnende Haltung gegenüber dem amerikanischen Wirtschaftsmodell. Natürlich gefällt es den Amerikanern nicht, dass mit Morales eine weitere linke Regierung - nach Chavez in Venezuela oder Lula in Brasilien - in Südamerika die Macht übernommen hat. Aber ich bin sicher: Es wird zu einem Dialog zwischen Bolivien und den USA kommen, denn es gibt gemeinsame Interessen und Probleme, die nur gemeinschaftlich zu lösen sind.
Das Interview führte Michael Hyngar