Die Aufgaben des sogenannten 1. Ausschusses unterteilen sich im
Wesentlichen in drei Bereiche: Wahlprüfung,
Immunitätsangelegenheiten und
Geschäftsordnungsfragen.
Überprüfung der Wahlen
Die Überprüfung der Wahlen zum Deutschen Bundestag
(und derzeit noch übergangsweise der Wahl der deutschen
Mitglieder des Europäischen Parlaments) ist nach Artikel 41 des Grundgesetzes Aufgabe
des Parlaments. Dessen Entscheidung wird durch den Ausschuss in
seiner Funktion als Wahlprüfungsausschuss vorbereitet. Jeder
wahlberechtigte Bürger kann die Wahlvorbereitung, die
Wahldurchführung und die Stimmenauszählung auf ihre
Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Zu Beginn
einer Legislaturperiode kommt es erfahrungsgemäß zu
zahlreichen Wahleinsprüchen. Diese werden vom
Wahlprüfungsausschuss überprüft und in
Beschlussempfehlungen dem Plenum zur Entscheidung vorgelegt. Gegen
die Entscheidung des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht
angerufen werden.
Immunitätsangelegenheiten
Die zweite Aufgabe knüpft an die verfassungsrechtlich
verankerte Immunität an. So kann ein
Abgeordneter wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nur mit
Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder
verhaftet werden, sofern er nicht bei Tatbegehung oder am folgenden
Tag festgenommen wird. Außerdem ist jede andere
Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten
genehmigungsbedürftig. Vor diesem Hintergrund genehmigt der
Bundestag seit langem für die Dauer einer Wahlperiode generell
die Durchführung von Ermittlungsverfahren mit Ausnahme solcher
wegen politischer Beleidigungen unter der Voraussetzung, dass die
Staatsanwaltschaften den Bundestag über ihre entsprechende
Absicht unterrichten. Derartige Unterrichtungen, die
frühestens 48 Stunden nach Zugang beim
Bundestagspräsidenten die Ermittlungen freigeben, werden in
der nächsten Ausschusssitzung erörtert, ohne dass
Beschlüsse gefasst werden müssten. Will eine
Staatsanwaltschaft die Wohnung oder das Büro eines
Abgeordneten durchsuchen, um Beweismittel aufzufinden, oder will
sie nach Abschluss der Ermittlungen einen Abgeordneten vor Gericht
anklagen, muss dies ausdrücklich durch den Bundestag auf
Vorschlag des 1. Ausschusses genehmigt werden. Diese Genehmigung
wird - von politischen Beleidigungen abgesehen - in aller Regel
erteilt. In weniger gewichtigen Fällen, insbesondere bei
Verkehrsdelikten, kann der 1. Ausschuss für den Bundestag im
Wege einer sog. Vorentscheidung die Genehmigung erteilen.
Geschäftsordnung und Parlamentsrecht
Als Geschäftsordnungsausschuss hat sich der 1. Ausschuss
mit Zweifelsfragen bei der Anwendung der geltenden Geschäftsordnung insbesondere im
Plenum oder in den Ausschüssen zu befassen und durch
Auslegungsentscheidungen eine Konfliktlösung für
künftige Streitfälle zu ermöglichen. Daneben
berät der 1. Ausschuss über Vorschläge und
Änderungsanträge zur Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages, um diese an neue Sachlagen anzupassen, sowie über
alle Gesetzentwürfe und sonstigen Initiativen, die die
Rechtsstellung der Abgeordneten oder den Status des Bundestages
sowie seiner Organe und Gremien in vielfältiger Hinsicht, z.B.
im Verhältnis zur Regierung oder im Rahmen der
fortschreitenden europäischen Integration, betreffen. Im
Rahmen dieser Zuständigkeit besitzt er gemäß
§
128 der Geschäftsordnung sogar das Initiativrecht.
Durch seine Federführung in
Geschäftsordnungsangelegenheiten beeinflusst der Ausschuss die
Arbeitsweise und den Arbeitsablauf im Deutschen Bundestag und
arbeitet mit dem Ältestenrat, der für die
Planung und Steuerung der Tätigkeit des Bundestages
zuständig ist, und den Geschäftsführungen der
Bundestagsfraktionen zusammen. Diese
Zusammenarbeit spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des 1.
Ausschusses, da mehrere Mitglieder zugleich dem Ältestenrat
angehören bzw. Aufgaben eines Parlamentarischen
Geschäftsführers in ihrer Fraktion wahrnehmen.
Überprüfung von Abgeordneten auf Stasi-Mitarbeit
Darüber hinaus ist der Ausschuss gemäß §
44c des Abgeordnetengesetzes auch
zuständig für die Überprüfung von Abgeordneten
auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für den
Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR. Jeder Abgeordnete kann
eine derartige Überprüfung beantragen; bei entsprechenden
Anhaltspunkten kann aber auch der Ausschuss mit einer
Zwei-Drittel-Mehrheit die Einleitung eines
Überprüfungsverfahrens beschließen. Über das
Ergebnis einer Überprüfung werden dem Bundestag Berichte
erstattet, wobei die Feststellung einer Stasi-Verstrickung einer
Zwei-Drittel-Mehrheit im 1. Ausschuss bedarf.
Mitglieder
Der 1. Ausschuss hat in der 16. Wahlperiode 13 Mitglieder, die von den Fraktionen nach Proporz benannt werden. Seine Funktion als Wahlprüfungsausschuss üben jedoch gemäß § 3 des Wahlprüfungsgesetzes neun Mitglieder aus, die vom Plenum direkt gewählt wurden.
Stand: 20.01.2006