"Unbekannte Dokumente ... zum ersten Mal veröffentlicht." Das zieht immer. Was das Publikum aber zusätzlich in die Buchläden treibt, sind Geschichten aus dem Dritten Reich. Besonders dann, wenn sie um die Person des "Führers" kreisen. Die von dem Hallenser Historiker Henrik Eberle in Moskauer Archiven aufgespürten "Briefe an Hitler" wecken genau diese Neugier. Ob die chronologisch sortierten Huldigungsschreiben, Bittbriefe und Protestnoten wirklich einen Blick in die Psyche der Volksgemeinschaft gewähren, bleibt allerdings fraglich.
Denn was sagt das folgende Gedicht eines - wie Eberle mutmaßt - "offensichtlich sehr alten Fräuleins" wirklich aus? "Oh Adolf Hitler, großer weiser/Erhabener, sei Europas Kaiser!/Bald alle Völker Dir vertrauen!/Und werden restlos auf Dich bauen." Wenig. Solange man nichts Näheres über die Briefschreiberin und die genaueren Motive ihrer "Herzensergießungen" weiß. Es sind Momentaufnahmen, die Eberle herausgreift, in den historischen Kontext stellt aber nicht wirklich kritisch beleuchtet. Neue Aufschlüsse über den von Ian Kershaw bereits hervorragend analysierten "Führer-Mythos" gibt das Sammelsurium an Briefen nicht.
Briefe an Hitler. Ein Volk schreibt seinem Führer.
Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2007; 480 S., 19,95 ¤