Porträtmalerei ist manchmal ein undankbarer Job. Denn gar nicht selten ist das Modell von seinem Abbild alles andere als begeistert. "Ganz nett", urteilte etwa Konrad Adenauer über das Bildnis, das der Großmeister dieses Fachs, Oskar Kokoschka, von ihm angefertigt hatte. Da hatte Hans Jürgen Kallmann mehr Glück. Sechs Mal saß der Kanzler dem Münchner Kunstprofessor im Juni 1963 im Bonner Palais Schaumburg Modell (großes Foto). Und war am Ende sehr angetan von den insgesamt 19 Pastellstudien sowie der Endfassung in Öl, die heute die so genannte Ahnengalerie der Bundeskanzler im Kanzleramt anführt.
Dort wird das berühmte Gemälde gehütet wie ein Schatz. Umso glücklicher zeigte sich Bundestagspräsident Norbert
Lammert (CDU) darüber, dass es dem Bundestag gelungen ist, es dem Kanzleramt zumindest für einen Tag abzutrotzen. "Sie alle", so Lammert bei der Eröffnung der Kallmann-Ausstellung "Von Bäumen und Menschen", "können sich insofern privilegiert fühlen, als dieses Bild jedenfalls heute in dieser Ausstellung zu sehen ist, ansonsten wiederum nur im Kanzleramt, das, wie Sie wissen, ein der Öffentlichkeit nur begrenzt zugänglicher Ort ist."
Neben Adenauer-Bildern und einigen ausdrucksstarken Studien von Bäumen beeindruckt die Ausstellung mit intensiven Porträts - von Papst Johannes XXIII., vom ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss und von den ehemaligen Bundestagspräsidenten Annemarie Renger und Eugen Gerstenmaier (von links nach rechts). Für Kallmann bedeutete sein expressives Heuss-Abbild den Durchbruch als Porträtmaler im Nachkriegsdeutschland. "Wenn man die ganze Fülle der Porträts sieht, die in den folgenden Jahren entsteht: Das ist die Physiognomie der Bundesrepublik Deutschland", sagt Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Bundestages. "Es ist die künstlerische, die intellektuelle, die politische Elite, die sich in diesen Porträts wiederfindet, und wir haben versucht, hier eine kleine Auswahl zu zeigen."
Bei dieser Auswahl konnte der Bundestag auf seinen eigenen, umfangreichen Gemäldebestand zurückgreifen - zum Beispiel bei den Porträts ehemaliger Bundestagspräsidenten.
Die Ausstellung ist bis zum 28. November im Kunstraum des Bundestages zu sehen.