Verteidigung
Der Wehretat steigt um 1,73 Milliarden Euro - knapp die Hälfte entfällt auf Personalkosten
Franz Josef Jung (CDU) wird zwar im kommenden Jahr 1,73 Milliarden Euro mehr in seinem Haushalt zur Verfügung haben, doch große Sprünge kann der Bundesverteidigungsminister damit nicht machen. Denn die Erhöhung des Wehretats auf 31,18 Milliarden Euro wird durch die gestiegenen Personalausgaben bei den Streitkräften knapp zur Hälfte aufgefressen. Die Wehrsolderhöhung für die 55.000 Wehrpflichtigen um 2 Euro pro Tag zum 1. Januar 2008, die Übertragung der Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst, die Angleichung der Besoldung in Ost- und Westdeutschland, die Erhöhung des Auslandsverwendungszuschlags und die Aufstockung der Stellenzulage für Spezialkräfte, Transportpiloten und Ärzte sollen den Dienst in den Streitkräften attraktiver machen. Verteidigungsminister Jung betonte in der dritten Lesung des Haushaltes am 26. November die Notwendigkeit einer Attraktivitätssteigerung, um "auch in Zukunft hervorragendes und fachlich qualifiziertes Personal" für die Bundeswehr zu gewinnen. Jung räumte ein, dass dies "allerdings eine enorme Belastung" darstelle.
Insgesamt steigen die Personalkosten für die rund 257.000 Bundeswehrsoldaten und die 99.000 zivilen Mitarbeiter gegenüber 2008 um 798 Millionen auf 16,46 Milliarden Euro. Sie bilden den mit Abstand größten Ausgabenposten. So mahnte dann auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Ulrike Merten (SPD), dass man von der Realisierung des Ziels, bis 2010 die Zahl der Zivilbeschäftigten auf 75.000 zu senken, "noch sehr weit entfernt" sei.
Den zweitgrößten Posten bilden die Ausgaben für die Beschaffung und Erhaltung von Material und militärischen Anlagen. Dafür sieht der Wehretat im kommenden Jahr Ausgaben von 10,31 Milliarden Euro vor, 699 Millionen mehr als im Jahr 2008. Ein Drittel dieser Ausgaben entfällt jedoch auf die Erhaltung von Material (2,96 Milliarden Euro) und militärischen Anlagen (820 Millionen Euro). Weitere 1,05 Milliarden Euro sind für die Wehrforschung vorgesehen. Für die Beschaffung von Material und Ausrüstung bleiben 5,27 Milliarden Euro - davon sind im kommenden Jahr allein 1,03 Milliarden Euro für das Kampflugzeug Eurofighter vorgesehen.
Höhere Ausgaben sind auch bei der Verwaltung eingeplant. Sie sollen im Vergleich zu 2008 um 96 Millionen auf 3,33 Milliarden Euro steigen.
Den steigenden Ausgaben im Jahr 2009 stehen leicht fallende Einnahmen gegenüber. Sie sinken um rund 37 Millionen auf 301 Millionen Euro.
Die Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr sorgen traditionsgemäß für die härtesten Kontroversen um den Verteidigungshaushalt. Die schärfste Kritik kam aus den Reihen der Linksfraktion: Deutschland nehmen hinsichtlich seiner Militärausgaben weltweit den sechsten Platz ein, während es bei der Entwicklungshilfe nur auf dem zwölften Platz unter den 22 OECD-Geberstaaten dümple, kritisierte die Abgeordnete Inge Höger. "Es handelt sich um einen Aufrüstungshaushalt. Er zielt auf die Teilnahme an Kriegen", schimpfte sie. Die Gelder sollten statt dessen zivile Entwicklungsprogramme investiert werden. So entsprächen die Ausgaben von 750 Millionen Euro für den Aufbau einer Basisgesundheitsversorgung in Afghanistan in etwa den Kosten des dortigen Bundeswehreinsatzes in den nächsten 14 Monaten.
Dieser Fundamentalkritik hielt der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs entgegen, dass Entwicklungshelfer nur dann zum Einsatz kommen könnten, wenn in den betreffenden Ländern auch für deren Schutz durch die Bundeswehr gesorgt werde. Kahrs bemängelte jedoch die derzeitige Beschaffungspraxis: "Die unglaubliche Vielfalt an Fahrzeugen, die wir in den Streitkräften haben, spricht da Bände. Wenn jede Teilstreitkraft ihr eigenes Fahrzeug fordert, dann hat man sowohl bei der Logistik als auch bei der Instandhaltung riesige Probleme." Kahrs mahnte zudem an, die zusätzlichen Kosten, die durch die verspätete Auslieferung der Hubschrauber NH 90 und Tiger sowie des Transportflugzeugs Airbus A400M enstünden, nicht auf den Steuerzahler abzuwälzen. Der Minister müsse für die Einhaltung der Verträge durch die Rüstungsindustrie sorgen.
FDP und Bündnis 90/Die Grünen nutzten die Debatte, um das aus ihrer Sicht unaugewogene Verhältnis von militärischen und zivilen Ausgaben beim Wiederaufbau in Afghanistan anzuprangern. "Mit dem Militär allein werden wir die Herausforderungen dort nicht bewältigen", mahnte die FDP-Verteidigungspolitikerin Birgit Homburger. Ähnlich äußerte sich auch der grüne Wehrxperte Winfried Nachtwei, der eine bessere Vernetzung zwischen militärischen und zivilen Kräften forderte. Dem widersprach Minister Jung. Deutschland habe bereits 2003 begonnen, das Konzept der vernetzten Sicherheit in Afghanistan zu realisieren.