Am 10. Februar wählt Israel ein neues Parlament. Glauben Sie an einen Machtwechsel?
Ich müsste ein Prophet sein, um diese Frage zu beantworten, und es ist schwer, ein Prophet zu sein, wenn man aus dem Land der Propheten kommt! Bis zu den Wahlen sind es noch fast zwei Monate. Und zwei Monate im Nahen Osten bedeuten eine Ewigkeit. So viele Dinge können bis dahin noch geschehen. Aber es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wird unsere neue sozialdemokratische Partei eine konsequente Opposition zu einer Rechtsregierung bilden. Oder sie wird Partner in einer Mitte-Links-Koalition.
Sie sind gerade dabei, diese neue Partei rund um die Linkspartei Meretz mitaufzubauen, zusammen mit einer Gruppe israelischer Künstler. Was ist Ihr Ziel?
Ich stand lange der israelischen Arbeiterpartei sehr nahe. Doch sie ist müde geworden. Sie ist heute ein potenzieller Juniorpartner für jede denkbare Koalition - inklusive einer Rechtskoalition. So ist ein politisches Vakuum in Israel entstanden. Das Bedürfnis nach einer neuen sozialdemokratischen und grünen Partei ist groß. Genau eine solche Partei ist es, die meine Freunde und ich versuchen, voranzubringen. Es wird natürlich nicht leicht bis zu den Wahlen im Februar. Wir haben weder Zeit noch Geld - dafür aber jede Menge Enthusiasmus.
Welche Wähler wollen Sie ansprechen?
Neben den von der Arbeiterpartei enttäuschten Wählern wollen wir vor allem die junge Generation gewinnen. Die jungen Leute waren während der letzten Wahlkämpfe politisch sehr gleichgültig. Sie haben sich noch nicht mal die Mühe gemacht, wählen zu gehen. Außerdem wollen wir Menschen für uns gewinnen, die Frieden und mehr Gerechtigkeit wollen, aber bisher nicht wussten, von welcher Partei sie repräsentiert werden.
Jenseits der Politik: Welchen Einfluss können Kunst und Literatur auf den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nehmen?
Schriftsteller, Poeten und Denker können die Fantasie auf beiden Seiten beflügeln. Ich glaube sehr stark an die Kraft der Fantasie, an Neugierde und an die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen. Das bedeutet nicht, dass man automatisch derselben Meinung sein muss, wie die andere Seite, dass man deren Positionen übernehmen muss. Empathie meint: Stelle Dir die andere Seite vor und sei neugierig auf sie. Das ist etwas, was Schriftsteller fördern können.
Streben Sie selbst ein Mandat oder einen Posten in einer möglichen Koalitionsregierung an?
Nein, ich glaube nicht, dass ich einen guten Politiker abgeben würde. Denn wissen Sie, ich habe ein physisches Handicap: Ich bin unfähig, die Worte "Kein Kommentar" auszusprechen. Wie könnte ich da Politiker sein?
Die Fragen stellte
Johanna Metz