Staatsfinanzen
Schuldenbremse im Grundgesetz beschlossen - neue Konflikte drohen
Zum Schluss ein schöner Moment: ein Gruppenbild auf der Treppe des Bundesrats. Die Föderalismuskommission II hat ihre Tätigkeit beendet. Es sei eine "mühselige Arbeit" gewesen, bilanziert Günther Oettinger - eine wohlwollende Beschreibung des harten Ringens um die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung. Zum Finale aber spricht der baden-württembergische CDU-Ministerpräsident von einem "beachtlichen Wurf", SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck als Co-Vorsitzender lobt einen "großen Durchbruch". Einer Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat steht wohl nichts mehr im Wege, schließlich hat die FDP Zustimmung signalisiert. In der Kommission haben nur die Linkspartei, die Grünen und Mecklenburg-Vorpommern mit Nein gestimmt. Ausgestanden ist der Kampf indes noch nicht: In den Landtagen regt sich Widerstand gegen den Eingriff in ihr Budgetrecht.
Struck registriert diese "rechtlichen Bedenken" sehr wohl, glaubt aber, die Formulierungen im Grundgesetz seien verfassungsrechtlich unproblematisch. Ralf Stegner als Sprecher aller SPD-Landtagsfraktionen hat jedoch schon vor der jetzigen Sitzung auf mögliche Klagen in Karlsruhe hingewiesen. Im Berliner Abgeordnetenhaus prüfen SPD und Linkspartei bereits einen solchen Schritt. Im Saarland wehrt sich die oppositionelle SPD bislang gegen die Absicht, künftigen Parlamenten in der Landesverfassung finanzpolitisch rigide Vorgaben zu machen. Aber muss die Schuldenbremse überhaupt noch von den Ländern gesetzlich verankert werden, wenn dies Teil des Grundgesetzes ist? Oettinger sagt, er gehe davon aus, dass die Länder die Kreditbegrenzung in ihre Verfassung und in ihr Haushaltsrecht "aufnehmen und vertiefen".
Das Grundgesetz soll den Staat von 2011 an zum Zurückfahren seiner Neuverschuldung verpflichten. Von 2016 an darf der Bund in normalen Wirtschaftsphasen noch Kredite in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen, die Länder dürfen sich von 2020 an gar nicht mehr neu verschulden. In schwachen Konjunkturzyklen sowie in Notfällen wie etwa Weltwirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen sind höhere Kreditaufnahmen zulässig, deren Rückzahlung jedoch ein Tilgungsplan verbindlich regelt. Bremen, das Saarland, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Berlin erhalten zwischen 2011 und 2019 Konsolidierungshilfen von insgesamt 7,2 Milliarden Euro, um ihnen von 2020 eine Null-Neuverschuldung zu ermöglichen. Zuletzt wurde noch eine Entflechtungsregelung der Föderalismuskommission I relativiert: Künftig kann der Bund Ländern und Kommunen in besonderen Ausnahmesituationen in Bereichen wie dem Bildungssektor, in denen er keine Kompetenz hat, wieder Investitionshilfen gewähren.