Brütend heiß schlägt die Luft aus dem Kesselraum des Blockheizkraftwerkes im Keller des Reichstagsgebäudes, als Detlef Franke die Tür öffnet. "35 Grad haben wir hier", sagt er. Normalerweise ist es noch wärmer - und vor allem lauter. Doch heute stehen die vier mit Biodiesel betriebenen Motoren des Heizkraftwerkes wegen Wartungsarbeiten still. Bald aber werden sie wieder in Gang gesetzt, auch wenn es draußen sommerlich warm ist und niemand im Bundestag ein beheiztes Büro braucht.
Wohl aber Strom - und den erzeugt das Heizkraftwerk hauptsächlich. Die dabei entstehende Wärme aus den Motoren und ihren Abgasen werden ebenfalls genutzt - im Winter, um Büros und Sitzungssäle zu wärmen, im Sommer, um sie zu kühlen. Die Wärme wird zum Antrieb von drei sogenannten Absorptionskältemaschinen verwendet. "Anders als große Kraftwerke, bei denen viel Energie verloren geht, hat unsere Anlage einen sehr hohen Nutzungsgrad", lobt Franke und zeigt, wo die Abgase durch Rußfilter und Katalysatoren gereinigt werden.
Seit sieben Jahren ist der Diplom-Ingenieur im Referat Liegenschaften und Gebäudetechnik der Bundestagsverwaltung tätig, leitet dort den Bereich Energietechnik. Einmal pro Woche schaut er in den zwei Blockkraftwerken nach dem Rechten. Trotz der Routine ist Franke noch immer Begeisterung anzumerken. Denn hier unten im Keller des historischen Reichstagsgebäudes verbergen sich eine Reihe technischer Finessen. Und nicht nur hier: Die Glaskuppel auf dem Dach ist mehr als ein architektonisches Meisterwerk. Sie ist Teil eines hochmodernen Energiekonzeptes. So lenkt etwa der mit 360 Spiegeln besetze Trichter in ihrer Mitte das Tageslicht gezielt in den Plenarsaal. Das sieht nicht nur faszinierend aus, es spart auch Strom.
Überhaupt waren Architekten und Ingenieure beim Um- und Neubau der Berliner Parlamentsgebäude bemüht, die Verschwendung von Energie zu vermeiden. So wurde etwa auf eine Vollklimatisierung der Büros bewusst verzichtet. Stattdessen setzte man auf eine Teilklimatisierung bestehend aus automatischer Be- und Entlüftung sowie auf das ausgeklügelte System der "Betonkerntemperierung". Dabei sind in den Raumdecken dünne Rohre eingelassen. Das Wasser darin kann bei Bedarf geheizt oder gekühlt werden.
Darüber hinaus sieht das Energiekonzept des Bundestages die Erzeugung und Nutzung regenerativer Energien vor: Auf den Dächern von drei Parlamentsgebäuden wurden daher rund 4.000 Quadratmeter Solarzellen montiert. Mit der hier erzeugten Energie und der aus den Heizkraftwerken können rund 50 Prozent des Gesamtstrombedarfs der vier großen Parlamentsgebäude gedeckt werden. Der Rest muss zugekauft werden. Aber auch hier bleibt der Bundestag dem Energiekonzept treu: Ab Oktober wird das Parlamentsviertel ausschließlich mit Ökostrom versorgt.
In punkto Wärme sorgen die Heizkraftwerke für die Grundversorgung der Parlamentsbauten im Spreebogen. Wird es allerdings im Winter kalt oder fallen sogar einmal die Heizkraftwerke ganz aus, kann der Bundestag über drei große Gaskessel beheizt werden. Kleinere Temperaturschwankungen können durch selbst produzierte Reserven ausgeglichen werden: Rund 300 Meter tief im Boden unter der Wiese vor dem Reichstagsgebäude verfügt der Bundestag über ein natürliches Wärmedepot. Der poröse Sandstein dort kann Wärme im Grundwasser speichern. Was die Heizkraftwerke im Sommer zuviel produzieren, wird durch Rohre direkt in den Wärmespeicher geleitet. Zusätzlich steht in rund 60 Metern Tiefe ein natürliches Grundwasser-Kältereservoir zur Verfügung. Nach Bedarf kann gekühltes oder gewärmtes Grundwasser hochgepumpt und zur Klimatisierung der Gebäude verwendet werden. Kältemaschinen und Gaskessel bleiben so länger ungenutzt: "Zwei bis drei Monate können wir unser Heizungssystem so betreiben und teures Erdgas sparen", sagt Detlef Franke. Das kommt dann nicht nur dem Haushalt zugute, sondern auch der Umwelt.