ENERGIEEFFIZIENZ
Viele Techniken zum Energiesparen gibt es schon - sie werden noch zu wenig genutzt
Nacht für Nacht leuchtet Deutschland auf: Millionen Straßenlaternen gehen jeden Abend in der Bundesrepublik an und schaffen Kuppeln aus Licht über Berlin, München oder Hamburg. Die Nacht wird zum Tag: "Das Licht wird zwar punktuell abgestrahlt, aber durch Staub in der Luft gestreut und breit verteilt. Wir schaffen uns eine künstliche Dämmerung", beschreibt Axel Schwope vom Astrophysikalischen Institut Potsdam das Ende der Finsternis. Diese Vergeudung reißt Löcher in die öffentliche Haushalte und ist ökologisch problematisch: "Für die Beleuchtung von Straßen und Plätzen wird derzeit noch jede Menge Energie verschwendet und das Klima unnötig belastet", sagt auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Tatsächlich verbrauchten die neun Millionen Lichter der Städte und Gemeinden im Jahr 2007 laut einer Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) rund vier Terawattstunden - so viel, wie ein Großkraftwerk jährlich produziert. Ein Drittel der Laternen befindet sich allerdings auf dem technischen Stand der 1970er Jahre und muss bald ausgetauscht werden.
Damit eröffnet sich bald ein Einsparpotenzial von mehr als 2,7 Milliarden Kilowattstunden jährlich. Die Investition in neue Technologien zahlt sich dabei rasch aus: Statt verschwenderischer Quecksilberdampflampen setzt Augsburg heute schon auf die effizienteren, gelben Natriumdampflampen - und senkt dadurch seine Stromkosten jährlich um 250.000 Euro. Die nächste Revolution der Beleuchtungstechnik steht vor der Tür: LED - die Leuchtdioden. Sie benötigen nochmals ein Drittel weniger Energie als Natriumdampflampen. "LED-Leuchten gehört die Zukunft, denn sie sind deutlich sparsamer als herkömmliche Leuchtmittel. In 10 bis 15 Jahren werden sie wie selbstverständlich zum Stadtbild gehören", sagt Klaus Werner, Mitarbeiter einer Firma für Beleuchtungstechniken.
Auch an anderer Stelle lassen sich immense Einsparungen erzielen, wie das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie ermittelt hat: "Mit Hilfe effizienter Technologien und Sparmaßnahmen ließen sich innerhalb eines Jahrzehnts über 120 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich einsparen", resümiert eine seiner Studien.
Im Vordergrund steht dabei die verbesserte Energienutzung von Altbauten, in denen sich nach Berechnungen der Tchnischen Universität Berlin 40 Prozent der Heizenergie einsparen ließne. So stehen in vielen Häusern noch veraltete Heizkessel, die gegen neue Brennwertkessel ausgetauscht werden könnten - sie gewinnen nahezu den gesamten Energiegehalt des verfeuerten Brennstoffs und nutzen dabei auch die Kondensationswärme des Wasserdampfes im Abgas.
Diese Studie hat auch Eingang gefunden in den Nationalen Energieeffizienzplan der Bundesregierung. Damit soll die Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten drastisch gesenkt werden. Zugleich soll der Plan dazu beitragen, den deutschen Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent zu verringern. Schöpft man allein die bekannten wirtschaftlichen Effizienzmaßnahmen bis 2020 vollständig aus, könnten 20 Prozent der heutigen Stromproduktion eingespart werden, so die Schätzung. Erreicht werden soll dies nach der Vorstellung von Bundesumweltminister Gabriel unter anderem mit einer "sozialen Effizienzinitiative": Haushalte mit geringem Einkommen bekommen finanzielle Zuschüsse, damit sie sich besonders energieeffiziente Haushaltsgeräte anschaffen und sich von Energieexperten beraten lassen. Eine dieser innovativen Lösungen ist zum Beipiel die Kühlung von Gebäuden durch Verdunstung, die Adiabatik: Heiße Luft wird dabei mit Wasser besprüht und kühlt sich durch die Verdunstung ab. Auf diese Methode setzt auch das weltweit erste energieeffiziente Restaurant einer Fastfood-Kette. Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Steigerung der Energieeffizienz ihnen enorme Vorteile bietet. Laut einer Umfrage der Deutschen Energie-Agentur (Dena) arbeiten schon 80 Prozent der angeschriebenen 500 Unternehmen daran. Setzten die Firmen ihr Programm durch, könnten sie ihre Kosten nochmals um die Hälfte senken: "Spätestens wenn die Konjunktur wieder anspringt und die Energienachfrage steigt, ziehen auch die Strompreise an. Investieren die Firmen in energieeffiziente Techniken, zahlt sich dies innerhalb weniger Jahre aus", meint Stephan Kohler, Geschäftsführer der Dena.
Die Industrie setzt auch auf der Erzeugerseite an - wie durch
die Entwicklung leistungsfähiger Turbinen. Beim kombinierten
Gas- und Dampfturbinenbetrieb erreicht man bereits Wirkungsgrade
von bis zu 60 Prozent - mehr als herkömmliche Kohlekraftwerke.
Experten, wie Frank Behrendt, Professor am Innovationszentrum
Energie der TU Berlin, sehen Deutschland gut aufgestellt. Aber: "Es
gibt momentan den Trend, bestimmte Dinge zu strikt zu regulieren -
etwa in der Energieeinsparverordnung. Das behindert den Wettbewerb
und die Forschung. Ein höheres Maß an Freiheit
würde nicht nur dem Bürger gefallen, sondern auch den
technischen Fortschritt fördern.
"
Der Autor ist
Wissenschaftsjournalist in Heidelberg.