MOBILITÄT
In Ulm teilen sich in einem Pilotprojekt die Bürger der Stadt 200 Autos
In Ulm ist die mobile Zukunft schon angekommen. Dort teilen sich ein Zehntel der Stadtbewohner 200 Kleinwagen und erproben die Mobilität von morgen. Man kann einfach zusteigen oder auf Vorbestellung soweit und so lange fahren, wie man möchte. Abgerechnet wird im Minutentakt. Seit dem Start des Mobilitätsprojektes des Stuttgarter Daimler-Konzerns im März 2009 haben sich rund 11.000 Nutzer registrieren und einen Chip auf ihrem Führerschein anbringen lassen, mit dem der Smart geöffnet und gefahren werden kann. Im September wird das Projekt auf die bayerische Nachbarstadt Neu-Ulm ausgeweitet. Zweites Experimentierfeld wird die texanische Hauptstadt Austin mit 750.000 Einwohnern sein, dort startet Car2go zum Jahresende.
Die Miet-Smarts ermöglichen den Verzicht auf einen eigenen oder Zweitwagen und machen zum Beispiel Studenten oder Senioren mobil, die vielleicht nur gelegentlich ein Auto zum Einkaufen brauchen. Daimler berichtet von täglich 500 bis 1.000 Mietvorgängen. Auch die unkomplizierte Abrechnung des Carsharing zum Handy-Tarif kommt bei den Nutzern an: Eine Minute Automiete kostet 19 Cent, in der Stunde maximal 9,90 Euro, die Tagespauschale 49 Euro.
Die Standortsuche ist über das Internet möglich, man kann die Fahrzeuge auch eine Zeitlang reservieren lassen. Es gibt spezielle Car2go-Parkflächen, beispielsweise am Hauptbahnhof, wo auch die Taxifahrer auf Kundschaft warten. Ihre Begeisterung über die neue Konkurrenz hält sich naturgemäß in Grenzen.
Ralf Stolz vom Umweltverband BUND fürchtet wesentlich mehr innerstädtischen Verkehr: "Die Menschen werden dazu verleitet, das Fahrrad stehen zu lassen oder nicht zu Fuß zu gehen, und anstatt dessen das Auto zu benutzen." Die Grundidee des Teilens sei aber sinnvoll, so der Umweltschützer weiter. Während die Ulmer Smarts noch mit Diesel fahren, werden die Smarts und Mercedes A-Klasse-Wagen, die für einen neuen Flottenversuch in Berlin im Herbst an den Start gehen, eine bessere Ökobilanz aufweisen. Sie tanken Strom an 500 Stromladestationen. Mit e-mobility Berlin beginnen Daimler und der Energieversorger RWE eines der weltweit größten Projekte für klimafreundliche Elektroautos. Ein Pilotversuch zur Elektromobilität lief bereits 2007 in London. Eine Testflotte mit elektrischen Smart fortwo der ersten Generation lief erfolgreich im täglichen Einsatz, unter anderem bei Behörden wie der Polizei. Umweltschützer mahnen jedoch an, dass der Strom dafür aus erneuerbaren Energien kommen müsse.
Der Autor ist Redakteur bei der "Südwest Presse" in Ulm.