Marine bleibt für weitere 13 Monate am Horn von Afrika
Mit 428 Ja-Stimmen und 130 Nein-Stimmen bei acht Enthaltungen hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung das Mandat für die weitere Beteiligung der Bundeswehr am internationalen Anti-Terror-Kampf um 13 Monate bis zum 15. Dezember 2009 verlängert. Dabei geht es um die US-geführten Militäroperationen "Enduring Freedom" und "Active Endeavour", an denen die Bundesmarine mit Einsätzen am Horn von Afrika und im Mittelmeer beteiligt ist.
Dem Bundestag lag dazu eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses ( 16/10824) zu einem Antrag der Bundesregierung (16/10720) vor. Danach wird das deutsche Kontingent von bisher maximal 1.400 auf künftig höchstens 800 Soldatinnen und Soldaten verringert.
Ergebnis der namentlichen Abstimmung
Ebenfalls in namentlicher Abstimmung lehnte das Parlament zuvor die Entlassung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ab. FDP und Bündnis 90/Die Grünen hatten dies in Anträgen ( 16/10782, 16/10918 gefordert. 414 Abgeordnete hatten sich gegen die Entlassung und 156 dafür ausgesprochen, zwei hatten sich der Stimme enthalten.
Ergebnis der namentlichen Abstimmung
Seitdem Hartmut Mehdorn Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn sei, habe man den Fahrkartenpreis um 22 Prozent erhöht, führte Gesine Lötzsch (Die Linke) zur Begründung der Rücktrittsforderungen an: "Er presst die Bahnkunden aus", so Lötzsch. Dagegen werde an der Sicherheit gespart, bei den Zügen träten immer wieder Sicherheitsmängel auf. Auch der Linke-Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine forderte: Statt über Boni und Gehaltsverbesserungen in den "oberen Etagen" zu diskutieren, müssten die Fahrpreise reduziert werden.
Die Große Koalition unterstützte Tiefensee und den geplanten Börsengang. Klaus W. Lippold (CDU/CSU) betonte: "Wir wollen eine Bahn, die selbst Rendite erwirtschaftet, damit mehr in die Infrastruktur investiert werden kann." Die Linksfraktion verhindere mit ihrer "populistischen Einstellung" in "alter Manier, wie zu DDR-Zeiten", dass die Voraussetzungen für eine bessere Bahn geschaffen werden können. Klaas Hübner (SPD) verteidigte die Bahnpolitik des Bundesverkehrsministers und bescheinigte der Opposition Uneinigkeit und "Klamauk".
Patrick Döring (FDP) warf dem Bundesverkehrsminister Führungsversagen beim "wichtigsten Projekt dieser Legislaturperiode" im Bereich Verkehrsplanung vor. Tiefensee, der die Detailregelung des Börsengangs nicht habe "zur Kenntnis nehmen wollen oder können", verkenne die politische Dimension der Debatte.
Der Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) griff Tiefensee scharf an: Entweder habe er gelogen in der Frage, seit wann er über die Boni-Zahlungen Bescheid wisse, "oder Sie sind so unverschämt ahnungslos und unfähig, dass Sie einfach nicht wissen, worauf es bei einer Amtsführung konkret ankommt", sagte Kuhn.
In erster Lesung erörterten die Abgeordneten zuvor einen Regierungsentwurf für ein so genanntes Familienleistungsgesetz ( 16/10809). Kindergeld und Kinderfreibetrag sollen erhöht werden. In privaten Haushalten will die Regierung neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Dafür sollen haushaltsnahe Dienstleistungen einschließlich der Pflege- und Kinderbetreuung stärker gefördert werden. Der Gesetzentwurf wurde in den Finanzausschuss überwiesen.
Danach berieten die Abgeordneten in erster Lesung über einen Gesetzentwurf der Großen Koalition zur Arbeitsmarktpolitik ( 16/10810). Um Arbeitslose und Ausbildungswillige schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sollen den Arbeitsvermittlern größere Handlungsspielräume eröffnet werden. Zum Thema liegt auch ein Antrag der Linksfraktion vor ( 16/10511). Beide Vorlagen überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Am späten Nachmittag stellte die Bundesregierung ihren Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2008 ( 16/10454) vor. Danach schrumpft die Bevölkerungszahl in den neuen Ländern bis zum Jahr 2025 um voraussichtlich 11,4 Prozent. Zudem bestünden in der ostdeutschen Wirtschaft nach wie vor strukturelle Defizite. Positiv zu vermerken sei eine Angleichung der Lebensverhältnisse auf vielen Gebieten, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen.
Die Abgeordneten stimmten für einen Antrag von CDU/CSU und SPD zur Unterstützung der ostdeutschen Länder mit passgenauen Förderinstrumenten ( 16/7015, 16/8865). Verschiedene Anträge der Oppositionsfraktionen wurden abgelehnt.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) appellierte an die Länder, mehr gegen Langzeitarbeitslosigkeit zu tun. "Der Osten ist auf gutem Wege", so Tiefensee. Das verdanke man einer "Solidarität, die keine Himmelsrichtungen kennt". Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) betonte die Verpflichtung zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte, insbesondere zum Gedenken an die Opfer des SED-Regimes. Er forderte mehr Einsatz für strukturschwache ländliche Räume: Starke landwirtschaftliche Betriebe könnten dort für Arbeitsplätze sorgen.
Das niedrigere Bruttoinlandsprodukt des Ostens zeige, "dass die Schere nicht enger geworden ist", entgegnete der FDP-Abgeordnete Joachim Günther. Die Attraktivität der Städte im Osten müsse verbessert werden, forderte er. "Wie im Westen, so auf Erden", proklamierte Roland Claus (Die Linke). Den "Aufbau Ost als Nachbau West" zu gestalten, sei falsch. Man könne stattdessen einiges von den neuen Bundesländern lernen, etwa beim Ausbau der Kita-Plätze. Der Grünen-Abgeordnete Peter Hettlich kritisierte dagegen "sträfliche Vernachlässigungen in den Feldern Bildung, Forschung und Innovation".
Im ersten Halbjahr 2008 hat der deutsche Film mit einem Marktanteil von etwa 34 Prozent der Besucherzahlen in deutschen Kinos einen Rekordwert erreicht. Darauf verweist der Bundestag in einer mit Koalitionsmehrheit bei Enthaltung der Linken angenommenen Entschließung zur Änderung des Filmförderungsgesetzes ( 16/10294, 16/10495, 16/10833). Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sagte, unter den 28 Kinofilmen, die in diesem Jahr mehr als eine Million Zuschauer hatten, seien zehn deutsche gewesen.
Laut Entschließung hat sich der Deutsche Filmförderfonds mit einem jährlichen Volumen von 60 Millionen Euro als "hervorragendes Instrument" erwiesen, um den Filmstandort Deutschland zu stärken. Allerdings darf Kino aus Sicht des Parlaments kein reines Großstadtvergnügen werden. Die finanziellen Belastungen durch die Umrüstung auf digitale Projektion überforderten die Kinos in kleinen Städten und ländlichen Gebieten.
Mit der Gesetzesnovelle werden Schwerpunkte bei der Förderung von Drehbüchern und bei der Abspiel- und Absatzförderung gesetzt. Förderkriterien werden präzisiert, neue Verwertungsformen für den deutschen Kinofilm einbezogen und gesetzliche Sperrfristen verkürzt. Die sechsmonatige Schutzfrist von Filmen, in denen sie ausschließlich in Kinos gezeigt werden dürfen, bleibt jedoch erhalten.
Bei Enthaltung der Linksfraktion beschloss der Bundestag auf Antrag aller übrigen Fraktionen ( 16/8504, 16/10831), das deutsche Filmerbe zu erhalten, indem eine nationale Filmographie erstellt wird, in der deutsche Filme seit dem Beginn dieses Mediums systematisch erfasst werden.
Am Donnerstag, 13. November, beriet der Bundestag außerdem über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur sexuellen Gewalt gegen Frauen im Kongo ( 16/9779). Ferner befasste er sich mit dem Gedenkstättenkonzept des Bundes ( 16/9875, 16/10566).