Die Sitzung am Freitag
Der Bundestag hat die mit dem zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung ( 16/11740, 16/11700, 16/11741, 16/11742) verbundenen Vorlagen am 30. Januar 2009 zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Das Konjunkturpaket soll am Freitag, dem 13. Februar 2009, im Bundestag verabschiedet werden. Im Anschluss beriet das Parlament über Abrüstungspolitik.
Vom „größten
Konjunkturpaket seit Gründung der Bundesrepublik
Deutschland“ sprach Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
(SPD). Die weltweite Rezession treffe Deutschland als
„Exportweltmeister“ besonders stark. Dazu komme der
weltweite Vertrauensverlust auf den Finanzmärkten, wo
„längst noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen
ist“. „Für diese Lage gibt es kein
Drehbuch“, so Steinbrück.
Mit den Konjunkturpaketen wolle die Bundesregierung gegensteuern.
Ziel dabei sei es, „das Geld nicht zu verbrennen“,
sondern „mit Renditeaussichten für spätere
Generation zu investieren“. Das geschehe beispielsweise durch
die Investitionen in die Infrastruktur. Auch Nachfrageimpulse
würden gesetzt: „Beide Pakete tragen spürbar zur
Entlastung der Bürger bei“, sagte der Minister.
Dem Programm könne man nur ein: "So nicht!" entgegenrufen, sagte der FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle. Es sei ein „Strohfeuer, verbunden mit hoher Staatsverschuldung“. Brüderle: „Die Konjunkturprogramme setzen zu wenig Impulse, schaffen Verdrängungseffekte und führen zu Preissteigerungen.“ Stattdessen hätte man im Interesse einer gesteigerten Binnennachfrage die Steuer für alle senken sollen.
Es sei wichtig, den Menschen eine Perspektive in der Krise zu
geben, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder. „Es
gilt, die Arbeitsplätze zu erhalten und die Ersparnisse zu
sichern“, so Kauder. Mit der Stabilisierung der Banken habe
man auch den Schutz der Spareinlagen der Bürger
gewährleisten wollen.
Da die große Koalition auch in Zukunft den Weg der Konsolidierung gehen wolle, sei es „unabdingbar“ eine Schuldenbremse, „am besten gemeinsam mit Bund und Ländern“, festzuschreiben. Dass die Pakete zur Verschuldung führen, sei zutreffend, aber „unumgänglich“, sagte Joachim Poß (SPD): „Wir müssen schließlich die Krise der Gegenwart bewältigen.“
Zu klein und sozial unausgewogen“ ist das Paket aus Sicht des Vorsitzenden der Linksfraktion, Oskar Lafontaine. „Die größte Exportnation kann nicht das kleinste Konjunkturpaket aller Industrieländer vorlegen“, bemängelte Lafontaine. Auf den Bankenrettungsschirm bezogen, kritisierte er die Bundesregierung: „Sie haben Milliarden an Steuergeldern veruntreut, indem sie Schecks verteilt haben, ohne deren Verwendung zu kontrollieren.“
Auch Jürgen Trettin (Bündnis 90/Die Grünen) warf der
Bundesregierung vor, bei der Bankenrettung „Geld
verbrannt“ zu haben. Das Konjunkturpaket hingegen verfehlt
seiner Ansicht nach das Ziel. „Wenn man die Konsumnachfrage
stärken will, muss man Geringverdiener entlasten“, so
Trittin. Statt der Einkommensteuersenkung, die sieben Milliarden
Euro kosten würde, hätte man die
Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener senken
können.
Im Anschluss an die Debatte überwies der Bundestag auch die
das Konjunkturpaket betreffenden Anträge der Opposition (
16/11746,
16/11747,
16/11743) an die Ausschüsse.
„In der Abrüstungspolitik werden 2009 die Weichen für die nächsten zehn Jahre gestellt“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu Beginn der Debatte. Es gelte, diese Weichen „richtig zu stellen“, ergänzte er. Dank des neuen US-Präsidenten Barack Obama wehe „ein frischer Wind in der Abrüstungspolitik“.
Steinmeier begrüßte es, dass Obama „mit
ausgestreckter Hand“ im Atomstreit auf den Iran zugehe. Er
appelliere an den Iran, diese Hand nicht zurückzuweisen. Dies
sei im Interesse Europas und der ganzen Welt, aber auch der
Menschen im Iran.
Er stimme in der Analyse mit Minister Steinmeier überein, sagte der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Hoyer. Dennoch stellte er fest: „Deutschland liegt in einem abrüstungspolitischen Tiefschlaf.“ Angesichts der Tatsache, dass Aufrüstung die Szenerie bestimme, brauche es mehr Abrüstungsinitiativen. So habe Deutschland etwa den KSE-Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa nicht ratifiziert, kritisierte Hoyer.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckard von
Klaeden, sagte, es habe in den letzten Jahren „viele
Rückschläge“ auf dem Gebiet der Abrüstung
gegeben. Mit besonderer Sorge erfülle ihn der Atomstreit mit
dem Iran. Auch er begrüte die amerikanischen Initiativen.
Europäische Initiativen
Den KSE-Vertrag, so von Klaeden, habe Deutschland nicht ratifiziert, da dieser von Russland schon zweimal gebrochen worden sei. Von Klaeden: „Die Welt ist nun einmal nicht, wie sie wir uns wünschen, sondern wie sie ist.“
"Rüstungspolitische
Selbstgefälligkeit"
Die Nato müsse ihre „rüstungspolitische Selbstgefälligkeit“ überwinden, forderte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei. Das Bündnis dürfe nicht immer anderen die Verantwortung zuschieben. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch die „Ewigkeitserklärung“ für atomare Abschreckung der Nato, die auf die veränderten Gegebenheiten seit Ende des kalten Krieges nicht eingehe.
Europa sollte einen neuen ABM-Vertrag initiieren, verlangte Rolf
Mützenich, abrüstungspolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion. Dies sollte unabhängig davon geschehen, ob die
Obama-Administration zum Verzicht auf den Raketenabwehrschild
bereit ist.
Abschließend lehnte der Bundestag
Entschließungsanträge der FDP-Fraktion (
16/7790) und der Linksfraktion (
16/7791,
16/9149) zum Jahresabrüstungsbericht 2006
ebenso ab wie einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (
16/11757). Zur weiteren Beratung in die
Ausschüsse überwiesen wurden hingegen die
Jahresabrüstungsberichte 2007 (
16/920) und 2008 (
16/11690) sowie zwei weitere Anträge der
Grünen-Fraktion (
16/9799,
16/11439).
Die Bildungspolitik stand anschließend im Mittelpunkt der Beratung. Den Abgeordneten lag dazu ein Antrag der FDP-Fraktion ( 16/6793) vor, der fordert, Freie Schulen künftig stärker bei der Bildungsforschung zu berücksichtigen. Ein Gesetzentwurf der Liberalen ( 16/10235), der zur Erleichterung der Gründung privater Grundschulen eine Grundgesetzänderung vorsieht, wurde ebenfalls in erster Lesung beraten.
Der Bundestag lehnte einen Antrag der Linksfraktion (
16/5139,
16/11733) ab, der sich gegen die
"Kommerzialisierung im Schulwesen" wandte.
Eine Änderung des Atomgesetzes ( 16/11609) beschloss das Parlament im Anschluss. Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist es, kerntechnische Anlagen und Nukleartransporte besser vor Terroranschlägen zu schützen.
Künftig werden alle Personen, die mit Genehmigungs-,
Planfeststellungs- oder Aufsichtsverfahren nach dem Atomgesetz
betraut sind, in Atomkraftwerken oder mit radioaktiven Stoffen
arbeiten, auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft.
Die Betroffenen müssen zuvor von der Überprüfung bei
den zuständigen Behörden informiert werden.
Zum Ende der Sitzung diskutierte der Bundestag über die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen in Deutschland. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte dazu einen Antrag vorgelegt ( 16/11753), der die Aufnahme unschuldiger Gefangner aus Guantanamo fordert und nun in den Ausschüssen weiterberaten wird.
Angenommen wurde einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation ( 16/10816). Einen Antrag der Linksfraktion ( 16/11683), die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen länger vor einem Zwangsumzug zu schützen, überwies der Bundestag in die Ausschüsse.