Grüne attackieren in Aktueller Stunde Äußerungen aus der Bundesregierung
Die Äußerungen aus den Reihen der Bundesregierung zur Steuerpolitik nach der Bundestagswahl am 27. September 2009 sind in den Ohren von Christine Scheel nicht nur eine "Kakophonie", die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen sieht darin auch die Vorbereitung eines Wahlbetrugs. In einer Aktuellen Stunde, beantragt von den Grünen, setzten sich die Abgeordneten im Bundestag am Mittwoch, dem 6. Mai 2009, mit diversen Äußerungen und steuerpolitischen Vorstellungen auseinander.
Christine Scheel nannte es unverantwortlich, wenn angesichts von
sechs Prozent Wachstumseinbruch und historischer Rekordverschuldung
Steuersenkungen versprochen würden. "Man erwartet von einer
Regierung eine klare Linie, dass sie sagt, was geht und was nicht
geht", sagte die Abgeordnete. Besonders griff sie Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel (CDU) an, die mit ihrem Ja zu Steuersenkungen
"den letzten Rest von Seriosität" verspielt habe.
"Sie haben ein Orientierungsproblem", rief Scheel den
Koalitionsfraktionen zu. Jetzt sei nicht die Zeit zu entscheiden,
was man in Zukunft finanzieren wolle, nicht die Zeit,
"Steuergeschenke zu verteilen".
Dagegen plädierte Dr. Hans Michelbach (CDU/CSU) dafür, nicht in "Schockstarre" zu verfallen. Man dürfe auf keinen Fall kapitulieren angesichts der Krise, sondern müsse Perspektiven erarbeiten und Anreize schaffen. Die Steuerzahler sollten nicht auf Pump entlastet werden. Erforderlich sei aber eine Steuerpolitik, die Kaufkraft und Investitionen begünstigt. Es gebe eine Chance für neue Stueerentlastungen "wen wir wieder Wachstum haben", so Michelbach. Es könne nicht sein, dass die Arbeitnehmer, die ein Prozent mehr Lohn erhielten, zwei Prozent mehr Steuern zahlen müssten.
Dr. Volker Wissing (FDP) nahm sich vor allem die SPD-Vorstellungen
vor, die von der Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer
und der Vermögensteuer schwadroniere und allen 300 Euro geben
wollen, die auf eine Steuererklärung verzichten. Die SPD
stelle seit zehn Jahren den Finanzminister und habe in dieser Zeit
nichts davon in die Wege geleitet.
Die CSU sei jetzt auch für Steuersenkungen, habe aber nach der
letzten Bundestagswahl allen Steuererhöhungen zugestimmt.
Wissing unterstrich das Bekenntnis der FDP zu einer Steuerreform
und forderte Änderungen bei der Unternehmenssteuerreform.
Für die Sozialdemokraten machte Gabriele Frechen, stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses deutlich, dass zwischen der Regierungskoalition einerseits und den Parteien andererseits, die sich jede für sich auf die Wahl vorbereite, unterschieden werden müsse. Die SPD werde bis zum Wahltag zur Großen Koalition stehen.
Die Parteien müssten aber vor der Wahl ihre Unterschiede
aufzeigen. "Die SPD hält am Sozialstaat fest und baut auf
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität", so Frechen. Den
handlungsfähigen Staat gebe es nicht zu Dumpingpreisen. Die
Krise dürfe nicht zur Existenzkrise für Millionen
Menschen werden.
Dr. Barbara Höll (Die Linke) sagte: "Wir müssen die Verhältnisse ändern, in denen wir leben." Sie kritisierte die jahrelange Exportorientierung der deutschen Wirtschaft und die Steuersenkungen für Vermögende. Die Krisensituation erfordere ein Umdenken.
"Wir brauchen eine Stärkung der Binnennachfrage und eine
Neuausrichtung der deutschen Wirtschaft weg von der
Exportabhängigkeit", betonte Höll. Mini- und Midi-Jobs
müssten abgeschafft, Hartz IV überwunden und ein
öffentlich geförderter Beschäftigungssektor
geschaffen werden. Die Linke fordere eine Reform der Erbschafts-
und Vermögensbesteuerung und eine Millionärsabgabe.