Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung will
privaten Organisationen künftig ermöglichen, mit der
Wahrnehmung von Aufgaben der Flugsicherung beliehen zu werden.
Diese Organisationen sollen die Befugnis erhalten,
Flugverkehrsdienste im eigenen Namen innerhalb bestimmter Bereiche
des Bundesgebietes nach öffentlichem Recht zu erbringen. Davon
unberührt bleibe die Möglichkeit, die
Flugsicherungsaufgaben auf der Basis völkerrechtlicher
Verträge an internationale Organisationen zu übertragen,
berichtet die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur
Neuregelung der Flugsicherung (
16/240). Darin heißt es, die
Flugsicherung diene dazu, die Sicherheit im Luftraum zu
gewährleisten. Sie sei auch unverzichtbar für die
Einsatzbereitschaft und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr.
Laut Grundgesetz gehört sie zum Kernbereich staatlicher
Aufgaben. Dies habe zur Folge, dass die Vorschriften über die
Beleihung staatliche Kontroll- und Durchgriffsbefugnisse
gegenüber den beliehenen Organisationen beinhalten. Die
"öffentlichen Belange des Bundes" müssten im Interesse
der Sicherheit des Luftverkehrs und der verteidigungspolitischen
Erfordernisse gewahrt werden. Durch die vorgesehene
Gesetzesänderung werde zudem die erstmalige Beteiligung
privater Kapitalgeber an der Deutschen Flugsicherung GmbH (DSF)
sowie Wettbewerb bei Flugsicherungsdiensten ermöglicht. Damit
verbessere die DSF ihre Konkurrenzfähigkeit bei der
künftig zu erwartenden Konsolidierung der europäischen
Flugsicherungsorganisationen. Auch würden die Chancen steigen,
die Leistungsfähigkeit und Effizienz der DSF auf
"höchstmöglichem Niveau" zu halten. Der Bund werde einen
Geschäftsanteil in Höhe von 25,1 Prozent an der DSF
behalten. Damit werde garantiert, dass die gesellschaftsrechtlich
mögliche Änderung des Zwecks einer privatisierten DSF
verhindert werden kann. Die Aufsichtsaufgaben würden einer
neuen Aufsichtsbehörde für die Flugsicherung
übertragen, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung
(BAF). Es soll organisatorisch dem Luftfahrt-Bundesamt zugeordnet
werden, von diesem jedoch fachlich unabhängig sein. Das BAF
soll der Aufsicht des Bundesverkehrsministeriums unterstehen. Das
Gesetz soll im Wesentlichen am 1. Juli 2006 in Kraft treten. Der
Bundesrat stellt die teilweise Kapitalprivatisierung der DSF nicht
in Frage. Allerdings müsse die Flugsicherung auch künftig
eine sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des
Luftverkehrs gewährleisten und "nachfragegerecht" Personal und
Infrastruktur vorhalten, heißt es in seiner Stellungnahme.
Der Bundesrat sieht keine Rechtfertigung für die
unterschiedliche Beleihungsdauer von regelmäßig acht
Jahren bei gleichzeitigem Bestandsschutz von 16 Jahren für die
Flugplatzkontrolldienste und von 20 Jahren für die Bezirks-
und Anflugkontrolldienste zugunsten der DSF
(Exklusivitätsregelung). Zu prüfen sei daher, ob der
Wettbewerb durch eine kürzere Exklusivitätsregelung
gestärkt werden kann. Wenn zwingende Gründe für
diesen Bestandschutz sprechen, so die Länderkammer,
könnte sich eine befristete Beibehaltung einer
Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand empfehlen. Ferner
dürften sich für die Nutzer keine höheren
Belastungen ergeben. Zu fragen sei auch, ob der Beleihung eine
Ausschreibung vorgeschaltet wird, sofern nicht die
Exklusivitätsregelung zugunsten der DSF greift. Ebenso sollte
eine mögliche Privatisierung die deutschen
Luftverkehrsunternehmen angemessen einbinden. Die Regierung
hält in ihrer Gegenäußerung die genannten
Übergangszeiträume für angemessen. Eine weitere
Verkürzung der Beleihungsfristen würde den besonderen
Umständen bei der DSF nicht gerecht. Die befristete
Beibehaltung einer Mehrheitsbeteiligung durch die öffentliche
Hand würde eine "optimale Position" der DSF im
europäischen Umfeld "erheblich gefährden", so die
Regierung. Die Einführung von Ausschreibungen für
Flugsicherungsdienste würde zu einer einseitigen
Marktöffnung in der EU führen, die mit einer
Benachteiligung deutscher Flugsicherungsorganisationen verbunden
wäre. Im Interesse der Luftraumnutzer werde als Ausgleich
für fehlende Marktkräfte eine "Anreizregulierung"
eingeführt. Die auf der Grundlage verschiedener
Größen, etwas der Produktivitätssteigerungsrate,
ermittelten Obergrenzen würden bei der Gebührenberechnung
zugrunde gelegt. Somit kämen Produktivitätsfortschritte
den Luftraumnutzern direkt zugute, heißt es in der
Gegenäußerung.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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