Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, hat sich dagegen ausgesprochen, die Auslandseinsätze der Bundeswehr schönzureden. "Für die Soldaten ist es kein Thema, dass sich die Bundeswehr in Kriegseinsätzen befindet, zum Beispiel in Kundus, dort gibt es kriegsähnliche Szenarien", sagte Robbe am 8. Mai 2009 im Interview mit dem Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages. Mit Blick auf die Wortwahl betonte der Wehrbeauftragte: "Es sind gefallene, nicht getötete Soldaten und verwundete, nicht verletzte Soldaten."
Die Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz leisten nach Einschätzung des Wehrbeauftragten "hervorragende Arbeit". In Afghanistan werde eine Infrastruktur aufgebaut, Krankenhäuser und Schulen entstünden. Dies sei nur möglich geworden, weil die Soldaten eine Plattform geschaffen hätten. Notwendig sei, die Zusammenarbeit der Partner auf NATO-Ebene noch wesentlich zu verbessern, "wenn Afghanistan zu einem Erfolg werden soll".
Wenig bekannt sei, dass die Bundeswehr im Einsatz vor der Küste des Libanons Ausbildungshilfe für die libanesische Marine leiste, damit sich diese künftig selbst helfen könne. "Es gibt da Minentaucher, die riskieren jeden Tag ihr Leben. Die könnten auch besser bezahlt werden", sagte Robbe. In den 50 Jahren seit dem ersten Bericht eines Wehrbeauftragten habe sich die Bundeswehr fundamental verändert: "Seit 1995 haben wir permanent robuste Auslandseinsätze."
Als größtes Defizit nannte Robbe im Zusammenhang mit seinem jüngsten Bericht für das Jahr 2008 die "permanente Unterfinanzierung" der Bundeswehr. Seit Jahren bleibe man unter dem festgelegten mittelfristigen Finanzrahmen. Es fehle an Geld, Material und Ausstattung. "Es ist vergessen worden, das nötige Geld in die Hand zu nehmen, um interne Reformen durchzuführen. Wir schieben das wie eine Bugwelle vor uns her", sagte Robbe.
Im Übrigen forderte der Wehrbeauftragte mehr moralische Unterstützung für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ein, insbesondere von der "intellektuellen Welt". Bis heute gebe es keinen vernünftigen Dialog zwischen Autoren, Literaten und Filmemachern und den Angehörigen der Streitkräfte. "Das muss anders werden", betonte Robbe.
Anlass des Interviews war der 50. Wehrbericht in der Geschichte der Bundesrepublik, den Reinhold Robbe, seit 2005 im Amt und selbst der zehnte Amtsinhaber, vor einigen Wochen vorgelegt hat. Den ersten Wehrbericht erstattete im Jahre 1959 Helmuth von Grolman, nachdem die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und die beim Bundestag angesiedelte Institution des Wehrbeauftragten 1956 ins Grundgesetz aufgenommen worden war. Der Wehrbeauftragte wird allgemein auch als "Anwalt der Soldatinnen und Soldaten" bezeichnet.
Der Wehrbeauftragte hat für den 10. bis 12. Mai 2009 zu einer internationalen Konferenz der Ombudspersonen für die Streitkräfte nach Berlin eingeladen, um sich kennenzulernen, Erfahrungen und Erkenntnisse auszutauschen und "Standards abzugleichen". Neben Vertretern aus NATO-Staaten sind auch Teilnehmer aus Argentinien und Bosnien-Herzegowina dabei.
"Deutschland hat die qualitativ hochwertigste parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte", sagte Robbe im Interview mit Moderatorin Manuela Tischler. "Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten verhindern, dass die Streitkräfte wieder für politische Zwecke missbraucht werden."