dänemark
Die gewalttätigen Ausschreitungen ebben ab - die Ursachen bleiben
In der zweiten Februarwoche setzten Jugendliche in Kopenhagen und anderen dänischen Städten Müllcontainer, Autos und sogar Schulen in Brand. Erneut traf es den Stadtteil Nørrebro in der dänischen Hauptstadt besonders hart. Schon im Frühjahr 2007, als dort das alternative Jugendzentrum Ungdomshuset geräumt worden war, war es in dem Stadtteil zu gewaltsamen Protesten gekommen.
Damals hatten linke und autonome Jugendliche, die zum Teil extra für die Proteste angereist waren, nicht nur friedlich, sondern auch mit Brandstiftungen und Steinwürfen gegen die Schließung des Ungdomshuset demonstriert.
In Nørrebro ist der Anteil von linksorientierten Jugendlichen ebenso wie von Ausländern im Vergleich zu den meisten anderen Kopenhagener Stadtteilen überdurchschnittlich hoch.
Diese Tatsache mag zu einer der besten Erklärungen für die Unruhen von Anfang Februar führen. Beide gewalttätigen Demonstrantengruppen - die dänischen Jugendlichen wie die mit ausländischem Hintergrund - scheinen keine andere, friedlichere Form des Protestes zu kennen und haben vor allem einen Grund gesucht, gewalttätig zu werden.
Vor knapp einem Jahr nahmen die Autonomen die Räumung und den anschließenden Abriss des Jugendzentrums zum Anlass, ihren allgemeinen Frust durch Gewalttaten zu entladen. Jetzt ließen die Jugendlichen aus Einwandererfamilien ihrer aufgestauten Wut freien Lauf.
Die Protestaktionen fanden in der Woche statt, in der der Nachrichtendienst angekündigt hatte, dass zwei Tunesier des Landes verwiesen werden. Sie sollen geplant haben, Kurt Westergaard zu ermorden. Der 73-Jährige ist jener Zeichner, der die wohl bekannteste der so genannten Mohammed-Karikaturen gezeichnet hatte: einen bärtigen Mann, der statt eines Turbans eine Bombe auf dem Kopf trägt. Nach den Festnahmen druckten einige dänische Zeitungen die Zeichnungen nach, die vor zwei Jahren die so genannte Karikaturen-Krise ausgelöst hatten.
Die drohenden Abschiebungen und der Nachdruck wurden immer wieder als Grund für die Ausschreitungen genannt. Doch die ersten Müllcontainer waren schon ein paar Tage vor den Festnahmen angezündet worden. Die Festnahmen und der Abdruck der Zeichnungen können also allenfalls dafür gesorgt haben, dass die Unruhen andauerten, diese nicht aber ausgelöst haben.
"Die Unruhen verweisen auf die Art und Weise, wie die Polizei uns begegnet. Die ist brutal, rassistisch und völlig inakzeptabel kränkend", erklärten einige der gewalttätigen Jugendlichen am 19. Februar in einem offenen Brief. In einigen Zonen von Kopenhagen darf die Polizei seit einiger Zeit ohne Verdacht Leibesvisitationen durchführen, um Menschen nach Waffen zu durchsuchen. Diese ungewöhnliche Maßnahme ist zwar vielfach kritisiert, aber weitgehend hingenommen worden.
Angeblich hatten einige Polizisten einen Mann bei einer solchen Untersuchung schlecht behandelt. "Wir wollen von Polizei und Medien behandelt werden, ohne uns wegen unseres Namens oder unserer Hautfarbe diskriminiert zu fühlen", heißt es weiter. Beklagt wird auch, dass weiterhin von Einwanderern gesprochen werde, "obwohl wir hier im Land geboren sind". Es folgt die Ankündigung, mit den Unruhen aufhören zu wollen in der Hoffnung auf mehr Respekt von Polizei und Medien. Das sind durchaus Argumente, die der dänischen Gesellschaft - die in Europa als eine besonders ausländer-skeptische gilt - zu denken geben sollten, aber keine Gewalttaten recht- fertigen.
Auch wenn es seither ruhiger geworden ist, stehen sicher nicht alle Unruhestifter hinter dem Brief. Zwei Probleme werden dabei offenbar: Bestimmte Teile der Bevölkerung - die so genannten "autonomen" Jugendlichen wie ein Teil derjenigen mit Einwanderhintergrund - haben nicht gelernt, sich friedlich zu artikulieren, und selbst wenn sie es versuchten, werden sie kaum wahrgenommen. Das wiederum ist kein rein dänisches Phänomen.