biomasse
Experten kritisieren geplante Biospritbeimischung als ökologisch ineffizient
Nicht alles, was auf den ersten Blick ökologisch anmutet, erweist sich auch in der Praxis als durchgehend klima- und umweltschonend. Nach der Begeisterungswelle der vergangenen Jahre, mithilfe von Biomasse ließen sich die wachsenden Umweltprobleme lösen und der Spritdurst der Welt stillen, zeigt sich, dass dieses Thema sehr differenziert angegangen werden muss. Denn Biomasse, zu flüssigem Treibstoff verarbeitet, hat, wie Studien zeigen, eine schlechtere Umweltbilanz als fossile Brennstoffe. Und auch die entwicklungspolitische Bilanz kann gravierende soziale Nebenwirkungen haben - Regenwälder werden abgeholzt, Kleinbauern und die Urbevölkerung nicht selten von großen Konzernen aus ihren angestammten Gebieten verdrängt. Die Frage "Tank oder Teller" gehört ebenso zu den Schattenseiten des grünen Booms. Die Chancen bleiben aber auch bestehen - für die Wärme- und Stromerzeugung ebenso wie für die wirtschaftliche Enwicklung armer Länder.
Dies war für die drei Fachausschüsse für Entwicklungszusammenarbeit, Landwirtschaft und Umwelt am 20. Februar Anlass für eine öffentliche Anhörung von Experten. Dabei zeigte sich, dass die rasant wachsende Nachfrage nach Biomasse als Energieträger die Landwirtschaft weltweit vor neue Herausforderungen stellt. Nach Prognosen der Welternährungsorganisation (FAO) wird die Weltbevölkerung bis 2050 um drei Milliarden Menschen wachsen, so Alexander Müller von der FAO. Gleichzeitig sei mit veränderten Konsumgewohnheiten zu rechnen - hin zu mehr Fleischnachfrage. Diese Entwicklung wirft neue Fragen auf: Wie bei gleichzeitigem Mehrbedarf an Energie die Nahrungsmittelsicherheit gewährleistet werden kann, so Müller. Die Landwirtschaft werde an die Grenzen der Verfügbarkeit von Land und Wasser stoßen. So steige der Wasserverbrauch bei Fleischproduktion um ein Vielfaches im Vergleich zur Pflanzenproduktion. Um ein Kilogramm Rindfleisch herzustellen, seien 15.000 Liter Wasser nötig, so Müller, der eine internationale Bioenergie-Charta forderte.
Dies unterstützte auch Jürgen Maier (Forum Umwelt & Entwicklung), der "grundsätzliche Bedenken" gegen die Zertifizierung von Biokraftstoffen äußerte. Freiwillige Standards seien keine Lösung. Nötig seien Vorgaben, die eine ökologische und soziale Regulierung der Bioenergienutzung fördern. Wenig Sinn mache etwa, wenn die EU-Richtlinie, wonach zehn Prozent des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor durch erneuerbare Energien erbracht werden sollen, vor allem durch den Einsatz von Biodiesel oder Ethanol erfüllt werde. Es gebe ökologisch viel effizientere Lösungen.
Scharfe Kritik übte Georg Gruber vom Bundesverband Pflanzenöle an dem Biokraftstoffquotengesetz, das die Beimengung von Biokraftstoffen vorsieht. Dieses Gesetz werde zum Problem für den Regenwald und die Artenvielfalt, so Gruber. Es übe großen Druck auf die Flächenmärkte aus. Die gewaltigen Gewinne, die sich damit erwirtschaften ließen, lockten Banken und Großinvestoren an, was wiederum die Entstehung von Monokulturen begünstige und zu sozialen Konflikten in den Entwicklungsländern führe.
Norbert Rieder vom Zoologischen Institut der Universität Karlsruhe bezeichnete den Import von Biokraftstoffen als "ökonomischen und ökologischen Blödsinn". Es mache keinen Sinn, Biokraftstoffe aus Indonesien zu importieren, wenn in dortigen Motoren fossile Kraftstoffe zum Einsatz kämen. Mindestens ein Transportweg sei hier überflüssig und für die CO2-Bilanz negativ. Die Beimengungspolitik nannte Rieder scheinheilig. Ein Zertifizierungssystem sei notwendig, es müsse aber praktikabel sein und deswegen nur die notwendigsten Punkte enthalten. Auch Uwe Fritsche vom Institut für angewandte Ökologie forderte verbindliche Nachhaltigkeitskriterien. Sie müssten aber unbedingt von bilateralen und projektbezogenen Vereinbarungen flankiert werden. Martin Faulstich vom Sachverständigenrat für Umweltfragen sprach sich für stärkere Nutzung und Förderung von Biomasse bei der Erzeugung von Wärme und Strom, statt für die Produktion von Biodiesel oder Ethanol aus, weil dies deutlich effizienter sei. Arnoldo Campos vom brasilianischen Agrarentwicklungsministerium stellte das brasilianische Biodieselprogramm vor. Es fördere gezielt Kleinbetriebe, die etwa 30 Prozent der Produktion lieferten. Darüber hinaus habe Brasilien seit 2003 große Anstrengungen unternommen, um die Abholzung der Regenwälder zu verringern. Sie wolle Schluss machen mit der illegalen Abholzung.
Gerade die sei ein riesiges Problem in Indonesien, beklagte Willie Smits von der deutschen Sektion der Borneo Orangutan Survival Foundation, einer Tierschutzorganisation. 80 Prozent der indonesischen Palmölplantagen würden auf Urwaldböden etabliert, obwohl diese Böden dafür nicht geeignet seien und es bessere Alternativen gebe. Es gehe aber primär um Gewinne der Holzwirtschaft.