NS-Raubkunst
Staatsminister Neumann präsentiert überarbeitetes Konzept zur Restitution
Es war eine höchst kontroverse Debatte, die die Rückgabe des Gemäldes "Berliner Straßenszene" im Jahr 2006 aus dem Bestand des Berliner Brücke-Museums an die Erben des früheren jüdischen Eigentümers ausgelöst hatte. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte deshalb eine Expertengruppe eingesetzt, um die Rückgabe von Kunst- und Kulturgütern, die von den Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 geraubt worden waren, an ihre rechtmäßigen Eigentümer oder deren Nachkommen transparenter und koordinierter zu gestalten.
Am 18. Juni informierte Neumann den Kultur- und Medienausschuss des Bundestages über die Ergebnisse seiner Bemühungen. So habe Anfang des Jahres die Arbeitsstelle für Provenienzforschung beim Institut für Museumsforschung ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll Museen, Archive und Bibliotheken unterstützen, die geraubten Kulturgüter in ihren Sammlungen zu identifizieren. Zusätzlich sei bei der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg ein Fachbeirat eingerichtet worden, der die Zusammenarbeit mit den Museen verbessern soll. Neumann präsentierte dem Ausschuss zudem die überarbeitete "Handreichung zur Umsetzung der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz" aus dem Jahr 1999. Diese Handreichung solle im Fall von Restitutionsansprüchen eine "faire und gerechte Lösung" für beide Parteien ermöglichen.
Bei den Ausschussmitgliedern stießen die Ausführungen Neumanns auf überwiegend postive Resonanz. Allerdings bemängelten die FDP und die Linksfraktion, dass bei der Überarbeitung der Handreichung keine Vertreter jüdischer Verbände einbezogen worden seien. Letztlich seien nur jene beteiligt worden, die mit Rückgabeforderungen konfrontiert würden: die Museen.
Diesem Vorwurf hielt Neumann entgegen, dasss man sich in erster Linie dem Washingtoner Abkommen von 1998 verpflichtet gefühlt habe. In dem von 42 Staaten unterzeichneten Abkommen sind die Grundsätze über die Rückgabe von NS-Raubkunst geregelt. Der Staatsminister sagte allerdings zu, dass die jüdischen Verbände zu einer internationalen Konferenz zur Provenienzforschung, die anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Washingtoner Abkommens Ende des Jahres in Berlin stattfinden wird, eingeladen würden.
Als "psychologisch unklug" bezeichnete es die Linksfraktion, dass die Handreichung zu stark betone, dass sie rechtlich nicht verbindlich sei. Dies fördere bei den betroffenen Museen nur das Gefühl, sie müssten die Handreichung nicht beachten. Diesen Vorwurf wies die Union zurück. Die Handreichung solle in erster Linie den Weg zu einer friedensstiftenden Lösung zwischen den Parteien weisen. Rechtsverbindliche Vorgaben allein seien aber nicht automatisch friedensstiftend.