Bei den Anschlägen in Bombay starben mehr als 180 Menschen. Hat der islamistische Terror in Asien eine neue Qualität erreicht?
Durchaus, und das nicht allein wegen der vielen Toten, sondern wegen der nahezu generalstabsmäßigen Planung. Terroranschläge sind ja in Indien nichts Neues. Aber die fast schon militärische Perfektion, mit der sie diesmal durchgeführt wurden, zeigt eine neue Stufe der Eskalation.
Was war das Ziel der Terroristen?
In erster Linie ging es offenbar um die Anstachelung des Konflikts zwischen Indien und Pakistan. Die Annäherung ist vielen ein Dorn im Auge, weil sie irgendwann zur Lösung des Kaschmir-Konflikts führen könnte. Damit wäre vielen terroristischen Gruppen sozusagen die "Geschäftsgrundlage" entzogen. Sie haben natürlich ein theoretisches Interesse daran, den Kaschmir-Konflikt zu lösen - aber eben mit kriegerischen Mitteln, nicht auf friedlichem Wege.
Droht nun ein Krieg mit Pakistan?
Zumindest ist die Annäherung zwischen beiden Staaten bedroht. Denn es ist nicht damit zu rechnen, dass Pakistan die Tatverdächtigen, die nach den Anschlägen festgenommen wurden, an Indien ausliefert. Dennoch hoffe ich, dass es nicht zu einem Krieg kommen wird. Schließlich scheint die pakistanische Regierung nicht in die Anschläge verwickelt zu sein und will offenbar an ihrer Aufklärung mitarbeiten.
Was kann die internationale Staatengemeinschaft jetzt tun?
Die USA, die EU und Deutschland müssen alles daran setzen, dass es keine militärische Eskalation gibt. Indien und Pakistan sind Atommächte. Sie haben zwar eine Nicht-Erstschlagdoktrin unterzeichnet, aber ob sie sich im Ernstfall daran halten, ist fraglich. Nicht zuletzt würde ein Krieg bedeuten, dass auch Afghanistan destabilisiert würde. Dann nämlich würde Pakistan die rund 100.000 Soldaten, die es nach eigenen Angaben an der afghanisch-pakistanischen Grenze stationiert hat, abziehen, um sie an der indischen Grenze einzusetzen.
Welche Auswirkungen werden die Anschläge auf die Parlamentswahlen im Frühjahr haben?
Unmittelbar nach den Anschlägen hat es in Indien bereits verschiedene Landtagswahlen gegeben. Da ist es überraschenderweise nicht zu Erdrutschsiegen der Opposition gekommen. Im Gegenteil: In zwei Bundesstaaten wurde die regierende Kongresspartei neu gewählt. Jedoch nimmt nach den Anschlägen die Debatte um die mangelhafte Arbeit der nationalen Sicherheitsbehörden zu. Daher sieht es bei den Parlamentswahlen tatsächlich nicht sehr gut aus für die Kongresspartei. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich die Opposition soweit zu verbünden vermag, dass sie wirklich eine Mehrheit im Parlament bekommen kann.
Die Fragen stellte
Johanna Metz