Anhörung
Experten uneins über Parlamentsvorbehalt für Polizeieinsätze im Ausland
Die Forderung nach einem Parlamentsvorbehalt bei Auslandeinsätzen der Bundespolizei wird von Experten unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zur zivilen EU-Polizeimission (EUPOL) am 15. Dezember sprachen sich zwei Sachverständige ausdrücklich gegen einen konstitutiven Bundestagsbeschluss bei Auslandsmissionen der Polizei aus. Bernd Brämer, Präsident der Bundespolizeiakademie, und Kurt Graulich, Richter am Bundesverwaltungsgericht, erklärten, ein Parlamentsvorbehalt sei weder erforderlich noch vom Grundgesetz vorgesehen. Es gebe "deutliche Unterschiede zwischen polizeilichen und militärischen Einsätzen", sagte Brämer. Der Grundsatz der Gewaltenteilung und die Stellung der Polizei sprechen laut Graulich gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung.
Für einen "politischen Parlamentsvorbehalt" als Rückhalt für die Beamten plädierten hingegen Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei und Dieter Schenk, Honorarprofessor der Universität Lodz. Radek betonte, die parlamentarische Befassung drücke aus, wie das Parlament hinter einem bestimmten Einsatz stehe. Es gehe nicht in erster Linie um Kontrolle der Regierung, sondern um die Mitverantwortung des Bundestages, der mit seiner Zustimmung die außenpolitische Tragweite eines Einsatzes überprüfe, so Schenk.
Massive Kritik an den Bemühungen zum Polizeiaufbau in Afghanistan übte der frühere VN-Sondergesandte für Afghanistan, Tom Koenigs: Die Mission sei "schief gelaufen". Die internationale Gemeinschaft sei völlig unvorbereitet gewesen. Notwendig seien ein "integriertes und abgestimmtes Konzept" und ein "hohes finanzielles Engagement" der Weltgemeinschaft. Insbesondere bemängelte er, dass beim Aufbau der nationalen Polizei auf frühere Kräfte zurückgegriffen worden sei. Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass afghanische Polizisten mehr Geld bekämen. Koenigs plädierte außerdem für eine Art "Gendarmerie", damit sich die Polizei in Afghanistan gegen Guerillaangriffe wehren könne. Einig waren sich die Sachverständigen in ihrer Empfehlung, am Prinzip der Freiwilligkeit bei der Teilnahme an Auslandseinsätzen festzuhalten. "Die hohe internationale Anerkennung der Arbeit deutscher Polizeikräfte ist auch auf den Freiwilligkeitsgrundsatz zurückzuführen", sagte etwa Dieter Wehe, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen.
Grundlage der Öffentlichen Anhörung waren drei Anträge der Opposition zum Polizeiaufbau in Afghanistan ( 16/3648, 16/3421, 16/6931).