Der jüngste Beschluss des Europaparlaments in Straßburg zur Wochenarbeitszeit wurde von Demonstrationen zahlreicher Gewerkschaften begleitet. Solche Proteste werden wir noch häufiger erleben. Ein großer Streitpunkt im bereits anhebenden Wahlkampf für die Europwahl im Juni wird die Forderung nach einem "sozialen Europa" sein.
Immer stärker wird die Sogwirkung dieses Schlagworts. Viele Menschen fühlen sich durch die aktuelle Bankrotterklärung des Banken- und Finanzsystems verunsichert, sogar verängstigt. Wann endlich, so fragen sie, spannt Europa auch über die Bürger einen Schutzschirm auf. Schliesslich sind sie es, die am Ende die teils kriminellen Fehler der Finanzkaste ausbaden müssen.
Auf den ersten Blick hat das amtierende Europarlament diesem Wunsch nach sozialem Schutz Rechnung getragen. Eindrucksvoll geschlossen votierte eine große Mehrheit für die strenge Beibehaltung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche. Ausnahmen soll es nicht mehr geben.
Doch Europa ist zu groß und zu vielgestaltig, als dass eine einzige Anordnung aus Brüssel überall für sozialen Frieden sorgen könnte. Es gibt Menschen, die wollen mehr arbeiten, um mehr zu verdienen. Und es gibt reiche und arme EU-Staaaten. Für sie alle muss es einen europäischen Rahmen geben. Doch in diesem Rahmen sollten Unternehmen und Gewerkschaften bis hinunter auf die lokale Ebene genug Spielraum haben, um die besten Lösungen auszuhandeln.