Zwei öffentliche Anhörungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales
Zwei öffentliche Anhörungen hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montag, dem 5. November 2007, abgehalten. Thema der einstündigen Anhörung um 10.00 Uhr ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur betrieblichen Altersversorgung gewesen. Es haben Anträge der FDP-Fraktion und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegen.
In der zweiten Anhörung um 14.30 Uhr ist es um einen
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des
Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gegangen.
Experten begrüßen Beitragsfreiheit bei Entgeltumwandlung
Das geplante Festhalten an der Beitragsfreiheit bei der Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung stößt bei Experten weitgehend auf Zustimmung. In einer öffentlichen Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/6539), über den am Donnerstag im Bundestag abgestimmt werden soll, befürworteten sowohl die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Vorstoß.
Für die BDA hob Gert Nachtigal hervor, dass gerade die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen von der Regelung profitierten.
Für den DGB fügte Martina Perreng hinzu, würde die Sozialversicherungsfreiheit Ende des Jahres wegfallen, werde es zu "Ausweichreaktionen" kommen. So würden möglicherweise viele Arbeitnehmer laufende Verträge kündigen, was zu erheblichen Verlusten führe.
Der Sachverständige vom Sozialverband Deutschland, Ragnar Hoenig, anerkannte zwar das Bestreben der Bundesregierung, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken. Der eingeschlagene Weg sei aber "nicht richtig", da er geringere Rentenanwartschaften und geringere Rentensteigerungen zur Folge habe.
Auch der Einzelsachverständige Prof. Winfried Schmähl wies auf dieses Problem hin. Er schlug eine Befristung der Regelung vor, um weitere Erkenntnisse über die finanziellen Auswirkungen zu sammeln. Er wies zudem darauf hin, dass an der Finanzierung der Beitragsfreiheit alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beteiligt seien, auch die, die nicht einen bestimmten Anteil ihres Lohnes oder ihres Gehaltes umwandeln könnten oder wollten.
Der Experte der Deutschen Rentenversicherung Bund, Wolfgang Binne, erläuterte, dass die Auswirkungen der Beitragsausfälle auf den Rentenwert nach Schätzungen seines Hauses bei zwei Prozent liegen würden.
In der Anhörung ging es zudem um zwei Anträge der
FDP-Fraktion (
16/6433,
16/1675) und einen Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen (
16/6606).
Erbitterter Streit um Mindestlohn für Briefzusteller
Die Konkurrenten der Deutschen Post AG stemmen sich weiterhin mit aller Kraft gegen den geplanten Mindestlohn für Briefzusteller. In einer öffentlichen Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ( 16/6735) am Montagnachmittag sprach der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Reinhard Göhner, in diesem Zusammenhang von einem "Missbrauch des Tarifvertragsrechts". Unter den zwischen dem von der Deutschen Post AG dominierten Arbeitgeberverband Postdienste und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ausgehandelten Tarifvertrag, der die Grundlage für die Aufnahme der Briefzusteller ins Entsendegesetz sein soll, fielen nur rund 4.500 Beschäftigte. "Hier sollen die Arbeitsbedingungen einer kleinen Minderheit einer großen Mehrheit aufgedrückt werden", betonte Göhner.
Hierbei handele es sich ordnungspolitisch um einen "dreisten Vorgang", fügte Florian Gerster hinzu. Gerster ist Präsident des Arbeitgeberverbandes der Neuen Brief- und Zustelldienste, in dem die Konkurrenten der Deutschen Post AG wie Pin Group und TNT zusammengeschlossen sind.
Gerster betonte, sein Verband sei bereit, über einen "realistischen Mindestlohn" für Briefdienstleister von im Schnitt 7,50 Euro zu verhandeln. "Mindestlohn ja, aber kein Monopolschutzlohn", sagte Gerster. Der vom Arbeitgeberverband Postdienste und von ver.di ausgehandelte Tarifvertrag, der Mindestlöhne von 9 Euro im Osten und 9,80 Euro im Westen vorsehe, werde aber auf einen Schlag Zehntausende Arbeitsplätze bei den Wettbewerbern der Post vernichten.
Dagegen führte Wolfhard Bender, Präsident des Arbeitgeberverbands Postdienste, an, käme der Mindestlohn über das Entsendegesetz nicht pünktlich zur Liberalisierung des Postmarktes Anfang 2008 werde es einen Verdrängungswettbewerb geben. Dieser könne allein bei der Post AG zu einem Verlust von 32.000 Arbeitsplätzen führen. Für bedenklich hält es Bender darüber hinaus, dass die Konkurrenten der Post AG Wettbewerb staatlich subventioniert führen wollten. Denn bei einem Stundenlohn von rund 6 Euro müsse der Staat die Löhne über Hartz-IV-Leistungen aufstocken. Auch der Berliner Betriebsrat der Post, Thomas Cosmar, zeigte sich überzeugt, dass die Post AG einem Wettbewerb im Briefdienstleistungssektor nur über die Lohnhöhe "nicht lange standhalten" könne.
Keine einheitliche Position fanden die geladenen Sachverständige auch in der Frage, ob - wie vom Gesetzgeber gefordert - mindestens 50 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Bereich der Briefzustellung von dem Tarifvertrag erfasst sind.