Zwei öffentliche Anhörungen des Finanzausschusses
In zwei öffentlichen Anhörungen von Sachverständigen beschäftigte sich der Finanzausschuss am Montag, dem 22. Oktober 2007, mit den Themen Kapitalbeteiligungen und Versicherungsaufsicht.
WebTV-Aufzeichnung: siehe rechts
Ziel der Vorlage ist es, die Bereitstellung von privatem Wagniskapital für junge und mittelständische Unternehmen zu erleichtern. Durch steuerliche Anreize soll die Beteiligung privater Investoren an den so genannten Zielgesellschaften gefördert werden.
Professor Wilhelm Haarmann vom Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften bemängelte, dass nur Investitionen in Kapitalgesellschaften innerhalb der ersten zehn Jahre ihres Bestehens gefördert werden sollen. Dies seien "unsinnige Beschränkungen", so der Sachverständige. Das Gesetz sei stark verbesserungsbedürftig und unpraktikabel.
Nach Auffassung von Thomas Pütter von der Allianz Capital Partners GmbH hat die Bundesregierung die Chance vertan, zu einem Standortförderungsgesetz zu kommen. Mit "realitätsfremden Einschränkungen" werde Deutschland international nicht attraktiver.
Für die Deutsche Beteiligungs AG unterstrich Wilken Freiherr von Hodenberg, dass eine Gesellschaft, deren sich eine Gruppe von Investoren bedient, um Investitionen zu bündeln, nicht besteuert werden sollte.
Dirk Sähnholz vom Bundesverband Alternative Investments nannte das Gesetz "überflüssig und schädlich". Er verwies auf das Ausland, wo Fondsstrukturen, in denen Geld gebündelt wird, steuerfrei oder steuertransparent seien.
Marc Henning Diekmann von der CoInvest Finanz Consulting GmbH bezeichnete das im Gesetzentzwurf geforderte Mindestkapital von 20 Millionen Euro bei den Zielgesellschaften als Voraussetzung für eine Wagniskapitalbeteiligung als "sehr problematisch". Durch Zukäufe von Patenten und Technologien gelange man schnell über diese Grenze.
Professor Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden plädierte dafür, Unternehmensgründer statt Finanzinvestoren zu fördern. Er sprach von einem "Beschäftigungsprogramm für Steuerberater" und befürchtet, dass Finanzdienstleistungsarbeitsplätze ins Ausland "vertrieben" werden.
Auch Dierk Hirschel vom Deutschen Gewerkschaftsbund riet dazu, bei der Kreditversorgung junger, innovativer Unternehmen und nicht bei der Beschaffung von Beteilungskapital (Private Equity) anzusetzen. Hirschel rechnet mit Steuerausfällen von mehr als 500 Millionen Euro aufgrund eines zu erwartenden Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten. Er trat dafür ein, die Mindestkapitalgrenze von 1 Million Euro auf 500.000 Euro bei den Wagniskapitalbeteilungsgesellschaften zu senken. Auch sei nicht erkennbar, warum Wagniskapital und Private Equity nicht der Gewerbesteuer unterliegen sollten.
Christoph von Einem, Rechtsanwalt bei White
& Case LLP, forderte, dass die steuerliche Belastung der
Veräußerungsgewinne im europäischen Vergleich
ansatzweise wettbewerbsfähig sein müsse. Ebenso
müssten Management-Leistungen von der Umsatzsteuerbelastung
ausgenommen werden. Schließlich gehe es darum, die
Diskriminierung von Beteiligungskapital in Deutschland
abzubauen.
Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) plädiert dafür, auf eine sofortige Nachschusspflicht bei Unterdeckungen von Pensionsfonds zu verzichten. Dies schränke die Anlagepolitik der Fonds zu sehr ein, sagte Florian Swyter am Montag, dem 22. Oktober 2007, in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Entwurf der Bundesregierung für eine neunte Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes ( 16/6518).
Die Regierung ist damit einer Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, bis zum Jahresende verfassungswidrige Regelungen zu ändern. Statt der sofortigen Nachschusspflicht sollte das betroffene Unternehmen zunächst verpflichtet werden, so die BDA, die Unterdeckung der Aufsichtsbehörde mitzuteilen. In einem weiteren Schritt sollte ein Ausgleichsplan innerhalb eines bestimmten Zeitkorridors mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt werden, um zu einer "liquiditätsschonenden Durchführung" der betrieblichen Altersvorsorge zu kommen, ohne dass dabei die Interessen der Arbeitnehmer beeinträchtigt werden. Für deren Betriebsrenten hafteten weiterhin stets auch der Arbeitgeber und darüber hinaus der Pensionssicherungsverein, betonte die BDA.
Axel Wehling vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zeigte sich zufrieden mit dem Regierungsentwurf. Die Umsetzung der Vorgaben aus Karlsruhe stelle ein "wohlaustariertes System" von Versicherten und Versichern dar. Auch Wehling plädierte dafür, die Grenzen bei der Unterdeckung zu lockern. Dies hätte "nachhaltige positive Folgen" für die Attraktivität deutscher Pensionsfonds. Durch die jetzige konservative Regelung entstünden Wettbewerbsnachteile gegenüber Pensionsfonds aus anderen Ländern.
Bernhard Wiesner von der Robert Bosch GmbH schlug vor, dass die "dauernde Erfüllbarkeit" eines Pensionsplans auch bei einer zeitlich begrenzten Unterdeckung dann als gewährleistet gelten solle, wenn spätestens beim Eintreten der Unterdeckung ein konkreter Sanierungsplan aufgestellt wird, der von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden muss. Aus dem Sanierungsplan müsste hervorgehen, wie die erforderliche Höhe der Vermögenswerte in einem angemessenen Zeitraum erreicht werden kann, damit die Rückstellungen vollständig abgedeckt werden können. Bei der Aufstellung des Sanierungsplans müsste auch die besondere Situation des Pensionsfonds berücksichtigt werden, so Wiesner.
Entschieden wiesen die Sachverständigen die Aussage zurück, 60 Prozent aller Pensionszusagen seien nicht unterlegt. "Die Pensionszusagen sind alle gedeckt, wir haben keine Unterdeckung", sagte Richard Herrmann vom Kölner Altersvorsorge-Dienstleister Heubeck AG.
Professor Reinhold Höfer von der Höfer Vorsorge-Management GmbH & Co. KG fügte hinzu, die Aktiva eines Unternehmens deckten seine Pensionszusagen ab. Dies müssten nicht unbedingt Firmenmittel sein.