Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ob nach einem möglichen vollständigen Wegfall des
Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der deutschen
Universitätslandschaft ein "Regelchaos" ausbrechen wird -
darüber waren sich die Experten in der öffentlichen
Anhörung des Bildungsausschusses am Montag, dem 12. November
2007, nicht einig. Während sich Gewerkschaften und
Studentenvertreter gegen die Abschaffung des Gesetzes aussprachen,
plädierten Hochschulrektoren und Ländervertreter
überwiegend dafür. Doch auch unter Befürwortern
wurde grundsätzliche Kritik an der Föderalismusreform
laut.
Anstoß der Diskussion war ein Gesetzentwurf der
Bundesregierung (
16/6122), der vorsieht, das HRG zum 1. Oktober
kommenden Jahres aufzuheben. Damit würde der Bund auch in den
Bereichen Hochschulzulassung und -abschlüsse seine Kompetenz
aufgeben.
Professor Hans Meyer von der Humboldt-Universität Berlin kritisierte die Aufgabe des HRG, weil es Probleme bei der Versorgung von Beamten, speziell von Professoren geben könne. Wenn künftig Fragen zwischen den Ländern zudem jedes Mal über Staatsverträge geregelt würden, entmachteten sich die Parlamente selbst, da sie den Verträgen "nur noch zähneknirschend zustimmen" könnten, wenn sie die vorhergehenden langwierigen Verhandlungen nicht umsonst sein lassen wollen.
Auch Eva-Maria Stange vom sächsischen
Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst warnte vor einer
"Ratifizierungsfalle" und langatmigen Prozessen durch
Staatsverträge.
Andreas Keller, Mitglied des
GEW-Hauptvorstandes, sah die Abschaffung des HRG nicht als
zwingende Folge der Föderalismusreform. Er plädierte
zusammen mit Regina Weber vom "freien
zusammenschluss von studentInnenschaften" für ein
Bundeshochschulgesetz, in dem einheitliche Abschlüsse geregelt
seien. Die Regierung habe durch den Bologna-Prozess Studenten
zugesichert, dass sie leicht die Universität wechseln
könnten. Deswegen habe sie eine besondere
Verantwortung.
Für Länderregelungen sprachen sich dagegen die
Direktorin der Hochschulrektorenkonferenz, Professor
Margret Wintermantel, Professor Peter
Frankenberg vom Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst Baden-Württemberg und Professor
Bernhard Kempen vom Deutschen Hochschulverband aus. "Die
konkurrierende Gesetzgebung von Bund und Ländern, wie sie
bisher besteht, ist eine Fehlkonstruktion", sagte Wintermantel.
Jedes Land könne eine Bundesregelung durch eigene
Lösungen außer Kraft setzen. Im Augenblick sei nicht
davon auszugehen, dass in den Bundesländern stark
unterschiedliche Vorschriften entstehen werden. "In Oxford wird es
keinen interessieren, ob ein Bewerber einen staatlich anerkannten
Bachelor hat. Da wird gefragt, welches Renommee die Hochschule
hat", meinte Frankenberg. Kempen sah die HRG-Abschaffung als
notwendige Konsequenz der Föderalismusreform und
befürwortete daher den Gesetzentwurf.
Die drei Oppositionsfraktionen hatten zum Gesetzentwurf eigene Anträge vorgelegt. Während die FDP in ihrem Antrag ( 16/6397) die Abschaffung des HRG befürwortete und eine stärkere Autonomie der Hochschulen forderte, will Die Linke das HRG behalten ( 16/4626). Auch Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich dagegen aus, das Gesetz abzuschaffen. Die Fraktion fordert bundeseinheitliche Mindeststandards für Hochschulzulassung und -abschlüsse.
Prof. Dr. Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz