Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Beirat für nachhaltige Entwicklung
Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat vor einem Scheitern der Klimaschutzgespräche beim bevorstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm gewarnt. Was bei der G8-Runde nicht erreicht werden kann, wird extrem schwer auf dem Klimagipfel in Bali erreicht werden können, sagte Töpfer bei einer Anhörung des Bundestages zum Klimawandel am Mittwoch, dem 23. Mai 2007. Sie wurde vom Umweltausschuss gemeinsam mit dem Ausschuss für Bildung und Forschung sowie dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung veranstaltet. Gleichzeitig hob der ehemalige Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) hervor, dass es zwar keinen "sinnvollen Zweifel" am Klimawandel gebe, aber noch immer eine Reihe offener Fragen.
G-8-Staaten für Großteil der CO2-Emission verantwortlich
Die Welt befinde sich bereits an der "Schwelle der Übernutzung", denn bisher habe jeder die Atmosphäre nutzen können, ohne dafür einen Preis zu bezahlen. Dabei seien jedoch die G-8 Staaten für 60 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, so Töpfer. Er sprach sich daher dafür aus, gerade die Länder für den Klimawandel heranzuziehen, die "hauptsächlich dafür verantwortlich" seien.
Klimakatastrophe - Ursache Mensch?
Auf die immer wieder gestellte Frage, wie sicher es sei, dass der Mensch die Klimakatastrophe verantworte, führte der Sachverständige Professor Stefan Rahmsdorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verschiedene Beweise an. So sei unter anderem der Anstieg der CO2-Konzentration um mehr als ein Drittel sowie eine erhebliche Zunahme der Treibhausgase eindeutig wissenschaftlich zu belegen. Allein in den letzten 100 Jahren habe es jedoch eine Klimaerwärmung von circa 0,8 Grad gegeben. Fraglich sei lediglich, wie stark die Rückkoppelung auf das Klimasystem sei. Als Folge der Erderwärmung nannte er einen Anstieg der Zahl der Hitzetoten, die Ausbreitung von Dürren in Europa, insbesondere im Mittelmeerraum, Überschwemmungen, Hurrikane sowie den Anstieg des Meeresspiegels.
Frühwarnsystem Versicherungen - Wetterextreme verursachen hohe Schäden
Diese Szenarien hat Professor Gerhard Berz von der Ludwig-Maximiliams Universität in München seit langem für Versicherungen untersucht. Bereits seit den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Meteorologe für die GeoRisikoForschung der Münchner Rückversicherung tätig. Die Versicherungen seien ein, so Berz, "weltweites Frühwarnsystem". So wären in den vergangenen 25 Jahren 95 Prozent der durch Wetter verursachten Schäden von so genannten Wetterextremen verursacht worden. Die Versicherungsschäden seien dadurch um das 26-fache gestiegen, sagte er. Die Finanzwirtschaft müsse selbst etwas zum Klimawandel beitragen, denn Investitionen benötigten langfristige Rahmenbedingungen. Dabei sei die Kalkulierbarkeit der Risiken eine entscheidende Grundvoraussetzung für eine Versicherung.
EU setzt auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien
Als eine "globale Herausforderung" bezeichnete auch Jos Delbecke, Direktor der EU-Kommission bei der Generaldirektion Umwelt den Klimawandel. Er lobte die Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft beim März-Gipfel dieses Jahres, auf der eine unilaterale Reduzierung der Treibhausgase in Europa um 20 Prozent beschlossen worden war. Um die Klimaziele zu erreichen, sei es aber nicht allein ausreichend, entsprechende Technologien zu entwickeln, sondern es gehe auch um die Frage, wie diese Technologien eingesetzt würden. Dabei setze die EU-Kommission in der Zukunft besonders auf eine Strategie der Energieeffizienz und auf erneuerbare Energien. Hinsichtlich der Frage der Kernenergie erklärte Delbecke, dass dies eine "Entscheidung auf der Ebene der Mitgliedstaaten" sei. Er räumte aber ein, dass global gehandelt werden müsse. "Wenn Europa alleine handele, wird nichts passieren", sagte er. Dabei betonte er besonders, dass gerade auch die Entwicklungsländer in diesen Prozess einbezogen werden müssten. "Wenn wir kein Regelwerk haben, das die Entwicklungsländer mit an Bord nimmt, werden wir versagen", erklärte er.
Internationale Zusammenarbeit und Technologietransfer notwendig
Der Botschafter der Arabischen Republik Ägypten, Mohamed Al-Orabi, hatte bereits zuvor davor gewarnt, bei der Klimafrage zwischen armen und reichen Ländern zu unterscheiden. Als Weltbürger stünden alle der globalen Erwärmung gegenüber. Gleichzeitig gab er jedoch zu bedenken, dass die Pro-Kopf-Emissionen in den Entwicklungsländern momentan noch niedrig seien, aber in Zukunft noch weiter steigen würden. Sein Land habe sich daher entschlossen, bis 2020 insgesamt 20 Prozent der Elektrizität durch erneuerbare Energien zu erzeugen. Dafür bedürfe es aber eines Technologietransfers aus den Industrieländern. Er sei der Schlüssel für eine klimafreundliche Entwicklung.
Kyoto-PLUS als "Blaupause" für deutsche Klimapolitik
Auch Professor Lutz Wicke von der Technischen Universität Berlin betonte, dass es für den Klimaschutz der Anstrengung aller Länder bedürfe. Jeder Mensch besäße das gleiche Recht auf die Nutzung der Atmosphäre. Als Beitrag dazu schlug er das System Kyoto-PLUS vor, das eine weltweite Emissionsbegrenzung mit Hilfe einer Maximalmenge an Klimazertifikaten vorsieht. Das derzeitige System gaukle einen Fortschritt lediglich vor. Der Einsatz des Kyoto-PLUS-Systems hingegen stelle, so Wicke, eine "Blaupause" für einen deutschen Beitrag zum Klimaschutz dar.