Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
"Wunderdinge darf man nicht erwarten", sagte der Präsident
des Bundeskartellamtes, Bernhard Heitzer, am
Montag, dem 5. November 2007, über die geplante
Kartellrechtsnovelle der Bundesregierung. Der Gesetzentwurf zur
Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der
Energieversorgung und des Lebensmittelhandels (
16/5847) sei zwar im Hinblick auf die
Missbrauchsaufsicht ein schärferes Instrument als die jetzige
Regelung, stelle aber keine "grundlegende Abkehr" vom jetzigen
Instrumentarium im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen dar,
so Heitzer.
Die Bundesregierung erhofft sich, mit den Möglichkeiten der Beweislastumkehr und des Sofortvollzugs ungerechtfertigte Preiserhöhungen verhindern zu können. Zum einen sollen die Energieversorger nachweisen müssen, dass sie mit ihrer Preissetzung ihre Marktmacht nicht missbrauchen, zum anderen sollen die Anordnungen des Bundeskartellamts sofort umgesetzt werden müssen, ohne dass Gerichtsentscheidungen abgewartet werden können.
"Jetzt nichts zu tun, wäre zu wenig. Wir haben allen
Anlass, dieses schärfere Instrument zum Einsatz zu bringen",
betonte Heitzer, dessen Behörde die Novelle wird anwenden
müssen. "Ich glaube, dass wir damit umgehen können." Die
Befürchtung, dass die verschärfte Missbrauchsaufsicht den
Markteintritt neuer Anbieter auf dem Energiemarkt verhindern
könnte, hält Heitzer für eine "ziemliche
Mär".
Der Tübinger Ökonom Wernhard
Möschel hält Preiskontrollen für
kontraproduktiv, weil dadurch die Anreize vermindert würden,
in diesen Markt zu gehen. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich
um eine vorübergehende Regelung handele oder nicht. Im Entwurf
ist vorgesehen, dass befristet bis Ende 2012 die Entgelte die
Kosten nicht in "unangemessener Weise" übersteigen
dürfen. Möschel sieht in der Vorlage den Versuch, das Rad
"ein Stück weit zurückzudrehen". Derzeit seien die
gesetzlichen Maßnahmen ein "Schuss in den Ofen". Der
Regierung riet er: "Steig ab, bevor das Pferd tot ist."
Nicht begeistert von der Novelle zeigte sich auch Robert
Busch vom Bundesverband Neuer Energieanbieter. Die Novelle
wirke "marktverschließend" und überfordere das
Kartellamt. Gebraucht würden neutrale Netze, die "nicht wie
bisher zwischen Freund und Feind unterscheiden". Auf der Ebene der
Netznutzung sei eine strikte Preisregulierung erforderlich, so
Busch.
Holger Krawinkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband plädierte für eine Entflechtung von Netz und Produktion, um zu mehr Wettbewerb zu kommen, wie dies auch die EU-Kommission anstrebt. Die Alternative sieht er in einer staatlichen Preisaufsicht.
Die Entflechtungslösung unterstützte auch
Professor Claudia Kemfert von
Humboldt-Universität Berlin. Dies wäre ein "Mittel des
Wettbewerbs", sagte sie. Im Übrigen trat sie für eine
europäische Regulierungsbehörde ein, die den Wettbewerb
überwacht.
Für einen europäischen Strommarkt trat
Professor Carl Christian von Weizsäcker vom
Max-Planck-Institut ein. Je intensiver der Stromaustausch sei,
desto mehr näherten sich die Preise einander an. In England
seien die Preise höher als in Deutschland, obwohl es dort
funktionierenden Wettbewerb gebe. Daher sei es nicht ausgemacht, so
von Weizsäcker, dass die Preise in Deutschland zu hoch seien.
Auch eine Europäisierung des Strommarktes bedeute kein
"paradiesisches Nirwana des Nullpreises für Strom".
Eberhard Meller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft führte die steigenden Preise auf die Verknappung des Angebots zurück. "Erleichtern Sie den Ausbau neuer Kraftwerke und erschweren sie ihn nicht", sagte Meller.