Öffentliche Anhörung des Unterausschusses "Regionale Wirtschaftspolitik" des Wirtschaftsausschusses
Strukturschwache Wirtschaftsregionen sollten auch in Zukunft mit
Fördermitteln unterstützt werden werden. Dafür hat
sich Astrid Ziegler, Wissenschaftlerin im
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der
Hans-Böckler-Stiftung, am Montag, dem 12. November 2007, im
Unterausschuss "Regionale Wirtschaftspolitik" des
Wirtschaftsausschusses ausgesprochen. Sie äußerte sich
damit kritisch zum Modell einer Förderung vor allem von
Wachstumskernen, die darauf abzielt, "Ausstrahlungseffekte" auch
auf periphere Regionen zu bewirken. Zu solchen
Ausstrahlungseffekten komme es nicht, so Ziegler, weshalb an der
traditionellen Regionalförderung festgehalten werden
sollte.
Der Unterausschuss hatte Praktiker und Wissenschaftler dazu
befragt, wie eine zukunftsgemäße Regionalförderung
im Spannungsfeld europäischer und nationaler Aufgaben aussehen
sollte. Im Übrigen bezeichnete Ziegler
nichtinvestive Maßnahmen, etwa die Förderung von
Netzwerken und Regionalmanagements, als "Modethema". Wichtiger sei
es, den strukturschwachen Regionen stabilere langfristige
Perspektiven zu geben.
Roland Gießelbach vom
Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern nannte Begriffe
wie "Metropolregionen", "Cluster" oder "Leuchttürme"
akademisch. In Mecklenburg-Vorpommern würden Empfehlungen, die
Möglichkeiten zu verbessern, damit man von den
Ausstrahlungseffekten der Zentren profitieren könne, nicht
greifen. Es sei zu bezweifeln, ob alle Regionen im Land von Berlin
oder Hamburg noch profitieren könnten. Die geografische
Ausstrahlung von Agglomerationen in dünn besiedelte Gebiete
liege bei etwa 100 Kilometern.
Eine Politik des "Stärkens der Starken" birgt nach
Auffassung von Carsten Hansen vom Deutschen
Städte- und Gemeindebund die Gefahr der Mitnahmeeffekte.
Hansen trat dafür ein, die Zahl der Förderprogramme zu
reduzieren und den Mitteleinsatz flexibler zu gestalten. Weniger
Instrumente erhöhten die Transparenz. Besser sei eine
Förderung, die die Eigenarten und Stärken der Regionen in
den Mittelpunkt stellt, damit eine gleichwertige Entwicklung "ohne
Rangfolge" möglich bleibe. Bei der Investitionszulage
plädierte Hansen für einen "zielorientierten
Mitteleinsatz", weil sie nicht nur eigenkapitalschwachen kleinen
und mittleren Unternehmen zugute komme.
"Sehr gering" nannte Gerold Eger von der
Regierung der bayerischen Oberpfalz die Mitnahmeeffekte bei der von
Bund und Ländern gemeinsam finanzierten Gemeinschaftsaufgabe
"Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".
Als erfolgreiches Beispiel der Förderung eines
Wachstumskerns schilderte Georg Werckmeister vom
Deutschen Innovationsforum die "Wolfsburg AG", die im Zuge der
Hartz-Reformen von der Volkswagen AG und der Stadt Wolfsburg ins
Leben gerufen worden sei, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Zwischen 1998 und 2002 sei die Arbeitslosigkeit in der Region von
17,2 auf acht Prozent zurückgegangen. 15.000 neue
Arbeitsplätze seien insgesamt geschaffen worden. Dieses
Konzept ließe sich auch in den neuen Ländern anwenden,
wie das Beispiel des Kreises Wernigerode (Sachsen-Anhalt) zeige,
sagte Werckmeister.
Für Professor Karl-Heinz Paqué von Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sind Fördermittel nicht das Entscheidende, wenn es darum geht, ob ein Gewerbegebiet sich rasch füllt oder leer bleibt. Vielmehr komme es auf schnelle Genehmigungen, den vollen Einsatz des Bürgermeisters, kurze Wege und den Verzicht auf Bürokratie an.