Debatten und Entscheidungen der vergangenen Sitzungswoche
Am letzten Tag der Plenarwoche, Freitag, den 9. November 2007, hat der Bundestag die Reform des Unterhaltsrechts verabschiedet, die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals sowie die so genannte Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Das Plenum entschied in seinen Sitzungen über mehr als 20 Gesetzentwürfe und Anträge und debattierte unter anderem den Integrationsbericht der Bundesregierung und ein Tempolimit auf Autobahnen.
In zwei Aktuellen Stunden standen die mutmaßlichen Preisabsprachen der Stromkonzerne und die jüngste Entwicklung in Pakistan zur Debatte. In der kontrovers geführten Aussprache zu den Marktabsprachen ging es um die Frage des freien Wettbewerbs auf dem Strommarkt und ob die Macht der Konzerne gesetzlich begrenzt werden müsse. In der Pakistan-Debatte waren sich alle Fraktionen einig, die pakistanische Regierung aufzufordern, für freie und faire Wahlen zu sorgen.
In einer namentlichen Abstimmung beschlossen die Abgeordneten das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung ( 16/5846), mit dem auch eine EU-Richtlinie umgesetzt wird (Ergebnisliste der namentlichen Abstimmung). Telekommunikationsdienste sind ab 2008 verpflichtet, die Daten ihrer Kunden sechs Monate lang zu speichern. Festgehalten werden sollen Rufnummer sowie Beginn und Ende der Verbindung, Datum und Uhrzeit, bei Handy-Telefonaten und SMS auch der Standort des Benutzers.
Voraussetzung ist, dass die Behörden den Verdacht haben,
dass jemand als Täter einer schweren Straftat in Frage kommt
und die Erforschung der Tat auf andere Weise nur sehr schwer oder
gar nicht möglich ist.
Der Bundestag verabschiedete am Freitag, dem 9. November 2007, die Reform des Unterhaltsrechts. Das Gesetz ( 16/1830) stellt die Unterhaltsansprüche von Kindern an erster Stelle vor den Ansprüchen von Erwachsenen. Bei der Dauer des Betreuungsunterhalts werden Mütter und Väter, die ihr Kind betreuen, gleich behandelt, unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder nicht. Künftig haben alle Mütter und Väter, die ihr Kind betreuen, zunächst für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt.
Mit der Reform wird auch die nacheheliche Eigenverantwortung
gestärkt. Eine Lebensstandardgarantie gibt es nicht
mehr.
Der Bundestag beschloss am 8. November 2007 das
Jahressteuergesetz 2008 (
16/6290) und damit eine zentrale
Steuerzahlerdatei. Bis 2011 soll die Lohnsteuerkarte aus Papier
durch eine elektronische Variante ersetzt werden. Mit dem
Jahressteuergesetz werden mehr als 200 Steuervorschriften
korrigiert. Die ursprünglich geplante Einführung eines
neuen Wahlrechts für berufstätige Ehepaare bei der
Lohnsteuerklasse stand nicht mehr zur Abstimmung. Anträge der
Oppositionsfraktionen, darunter von der FDP, die Steuerklasse V
abzuschaffen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte, die
Lohnsteuerklassen III bis V zu streichen, lehnte das Parlament
mehrheitlich ab.
Der Nationale Integrationsplan der Bundesregierung (
16/6281) war am Donnerstag, dem 8. November
2007, Anlass für eine Aussprache im Plenum. Der
Integrationsplan mit mehr als 400 Maßnahmen und
Selbstverpflichtungen wurde von den Oppositionsfraktionen
kritisiert. Renate Künast, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sprach von "Absichtserklärungen", Sevim Dagdelen
von der Fraktion DIE LINKE. warf der Regierung
integrationsfeindliche Politik vor. Die FDP kritisierte, dass das
Parlament beim Integrationsgipfel nur mangelhaft einbezogen wurde.
Der Integrationsplan sieht mehr Integrationskurse und eine bessere
Sprachförderung für Kinder vor.
Der Bundestag hat erstmals den Antrag der Bundesregierung beraten, das Mandat der Bundeswehr an dem Anti-Terror-Einsatz zu verlängern. Die bewaffneten deutschen Streitkräfte beteiligen sich seit sechs Jahren an der "Operation Enduring Freedom" der USA. Der Bundestag hatte das Mandat erstmals am 16.11.2001 beschlossen und seitdem jährlich verlängert. Zum Auftrag der Soldaten gehört unter anderem die Seeraumüberwachung um das Horn von Afrika, wo sie Handel und Transport von Waffen und Drogen, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus dienen können, unterbinden sollen.
Das Parlament entscheidet darüber, ob Soldaten zu
Auslandseinsätzen entsandt werden.
In einer 75minütigen Debatte debattierten die Abgeordneten
über die Anträge der Fraktionen DIE
GRÜNEN/BÜNDNIS 90 und DIE LINKE. für ein Tempolimit
von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen (
16/6894,
16/6932). Auch einige Redner der SPD-Fraktionen
sprachen sich für eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus. Die
Anträge wurden in den Verkehrsausschuss zur detaillierten
Beratung überwiesen.
Anderthalb Stunden widmete der Bundestag dem Stand der Deutschen
Einheit (
16/6500) und dem Antrag von CDU/CSU und SPD,
ein Freiheits- und Einheitsdenkmal (
16/6776) in Berlin-Mitte zu errichten. Mit
großer Mehrheit stimmte der Bundestag am Ende zu. Das Denkmal
soll an die friedliche Revolution von 1989 und die deutschen
Einigung erinnern. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
eine Konzeption für das Denkmal zu erstellen, das zum 20.
Jahrestag der Maueröffnung im Jahr 2009 eingeweiht werden
soll. Eine Initiative sächsischer Abgeordneter, ein
Denkmalpaar in Berlin und Leipzig zu errichten, lehnte das
Parlament mit knapper Mehrheit ab.
Der Bundestag behandelte am Freitag erstmals die Änderung des Abgeordnetengesetzes. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen( 16/6924) sieht vor, die Altersversorgung von Abgeordneten zu senken und die so genannten Diäten schrittweise ab dem 1.1.2008 zu erhöhen. Seit 2003 haben die Abgeordneten, die aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes selber über ihre Bezüge entscheiden müssen, auf Erhöhungen verzichtet. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Lage soll die Abgeordnetenentschädigung an das Einkommen von Bürgermeistern mittlerer Städte und Bundesrichtern angeglichen werden. Danach sollen die Diäten regelmäßig wie die Besoldung dieser beiden Beamtengruppen steigen. Bei den Pensionen für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Parlament sollen die Abgeordneten hingegen nur noch 2,5 statt 3 Prozent der Monatsdiäten erhalten. Zudem soll das offizielle Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden.
Im Gesetzentwurf heißt es, dass mit den Veränderungen der Kritik an den Aufwandsentschädigungen Rechnung getragen werden solle. Die Altersversorgung wandele sich von der Vollversorgung zur Lücken füllenden Teilversorgung, da die Mitgliedschaft des Bundestages nur ein Teil des Berufslebens der Abgeordneten darstelle. Der Höchstsatz der Altersversorgung werde nach der neuen Regelung erst nach 27 Mandatsjahren erreicht, die meisten Abgeordneten gehörten dem Parlament ein bis drei Wahlperioden, das heißt in der Regel vier bis zwölf Jahre, an. Mit der Anpassung der Vergütung an die Gehälter der mit dem Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter werde nun ein Orientierungsmaßstab geschaffen. Eine Erhöhung der Diäten erfolge in Zukunft nur noch, wenn sich die Bezüge der Bürgermeister ändern.