Die kommunalen Spitzenverbände lehnen die
geplante Bundesbeteiligung an den Wohn- und Heizkosten von
Empfängern des Arbeitslosengeldes II (Alg II) strikt ab. Im
Mittelpunkt der Kritik von Städten und Kreisen steht neben der
als zu gering erachteten Höhe der Bundesbeteiligung die neue
Anpassungsformel, wie in einer Anhörung des Ausschusses
für Arbeit und Soziales zu einem entsprechenden Gesetzentwurf
der Koalitionsfraktionen (
16/6774) deutlich wurde.
Im kommenden Jahr soll erstmals die Veränderung der Zahl
der Alg-II-Bedarfsgemeinschaften ausschlaggebend für die
Anpassung der Bundesbeteiligung sein. Nach der Anpassungsformel
erfolgt bei einer Veränderung der Bedarfsgemeinschaftenzahl um
ein Prozent eine Anpassung des Beteiligungssatzes um 0,7 Punkte.
Danach verringert sich die durchschnittliche Bundesbeteiligung im
kommenden Jahr um 2,6 Prozentpunkte auf 29,2 Prozent, wodurch die
Bundesbeteiligung mit rund 3,9 Milliarden Euro um rund 400
Millionen Euro unter der diesjährigen Bundesbeteiligung
liegt.
Die Leiterin des Sozialdezernats des Deutschen Städtetages,
Verena Göppert, wies darauf hin, dass die
Kosten der Unterkunft gestiegen seien, obwohl die Zahl der
Bedarfsgemeinschaften rückläufig sei. Dies liege zum
einen an Kostensteigerungen bei der Energieversorgung und an der
Regelung, dass Unter-25-Jährige in der Regel keine eigenen
Bedarfsgemeinschaften mehr bilden dürften. Weiter hieß
es, die Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung seien zwischen
Juli 2006 und Juni 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 12,5
auf rund 13,7 Milliarden Euro gestiegen, von denen die Kommunen
rund 70 Prozent zu tragen hätten. Der Rückgang der
Bedarfsgemeinschaften im selben Zeitraum von rund 3,98 auf 3,83
Millionen bilde die Kostenentwicklung deshalb nicht ab und die
Absenkung der Bundesbeteiligung um 400 Millionen Euro sei
"keinesfalls gerechtfertigt".
Der Referent des Deutschen Landkreistages, Markus
Keller, fügte hinzu, die einzige akzeptable Form der
Berechnung sei bei Zugrundelegung der tatsächlichen Kosten
gegeben. Dem schloss sich auch die Sachverständige des
Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge, Antje Wrackmeyer, an. Ein weiteres
Problem, so Keller, sei die steigende Zahl von Erwerbstätigen
mit Ansprüchen auf Unterkunftskosten nach Hartz IV (so
genannte Aufstocker). Dies lasse einen weiteren Anstieg der
Ausgaben befürchten.
Till Müller-Schoell, Wissenschaftler am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, warnte, wenn der Bund seinen Anteil an den Wohn- und Heizkosten reduziere, sei dies ein weiterer Rückzug aus der Verantwortung für Langzeitarbeitslosigkeit, der zu Lasten der Kommunen und letztlich zu Lasten der Alg-II-Bezieher gehe. Mit der Hartz-IV-Reform war seinerzeit festgelegt worden, dass die Kommunen - unter Berücksichtigung der sich aus der Reform ergebenden Einsparungen der Länder - um jährlich 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Laut Gesetzentwurf belaufen sich die für 2008 zu erwartenden Kosten für Unterkunft und Heizung auf insgesamt 13,4 Milliarden Euro. Mit dem Bundeszuschuss müssten die Städte und Gemeinden einen Eigenanteil in Höhe von rund 9,5 Milliarden Euro aufbringen, heißt es im Gesetzentwurf.
Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Deutscher Verein
Statistisches Bundesamt, DESTATIS
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, IAB
Bundesrechnungshof , BRH
Bundesagentur für Arbeit, BA
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung , WSI
Marlis Bredehorst, Köln