Regierung will Mandat der Bundeswehr in Afghanistan ausweiten – Bundestag muss Auslandseinsätzen zustimmen
Der Bundestag beschäftigt sich am Mittwoch, dem 28. Februar 2007, mit den geplanten Aufklärungsflügen in Afghanistan. Die Bundesregierung hat dazu einen Antrag ( 16/4298) vorgelegt, den die Abgeordneten in ersten Lesung beraten. Die Bundesregierung bittet um die Zustimmung des Parlaments für die Erweiterung des Afghanistan-Mandates der Bundeswehr. Nach der Debatte, für die 75 Minuten vorgesehen sind, wird der Antrag zur weiteren Beratung dem Auswärtigen Ausschuss überwiesen. Der Bundestag wird voraussichtlich am 8. oder 9. März 2007 über den Tornadoeinsatz entscheiden. Ohne die Zustimmung des Parlaments dürfen keine Soldaten zu Auslandseinsätzen entsendet werden.
Die Grünen haben in einer Großen Anfrage ( 16/4243) die Regierung um Auskunft über die Situation in Afghanistan gebeten.
Luftaufklärung und -überwachung
Die Bundesregierung möchte laut Antrag Kampfflugzeuge des Typs Tornado RECCE im gesamten Verantwortungsbereich der Internationalen Sicherheits-Unterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF) einsetzen. Dies hatte das Bundeskabinett am 7. Februar 2007 beschlossen. Die Flugzeuge sollen der Luftaufklärung und –überwachung dienen. Tornados des Typs RECCE sind am Bauch des Rumpfes mit einem Aufklärungsmodul ausgestattet – dem so genannten RECCE-Pod.
Kosten des Einsatzes
Für den Einsatz sollen bis zu 500 Soldaten zusätzlich in Afghanistan stationiert werden. Die Kosten sollen für einen Zeitraum von sechs Monaten rund 35 Millionen Euro betragen. Die Regierung begründet ihren Antrag damit, dass mit der Übernahme der Verantwortung im Süden und Osten Afghanistans die NATO neuen Anforderungen gegenüber stehe. Die Sicherheitslage sei angespannt.
Begrenzte Übermittlung von Aufklärungsergebnissen
Die Luftaufklärung diene dem Schutz der ISAF-Soldaten, aber auch der im Lande tätigen zivilen Helfer und der afghanischen Bevölkerung. Durch Aufklärung könne das westliche Verteidigungsbündnis besser, angemessener und verhältnismäßiger auf Bedrohungen reagieren. Der Einsatz von Aufklärungsflugzeugen ergänze dabei den bestehenden militärischen Beitrag Deutschlands. Ferner bemerkt die Regierung, dass der ISAF-Operationsplan eine eng begrenzte Übermittlung von Aufklärungsergebnissen an die US-geführte Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" vorsehe. Die Übermittlung erfolge nur, wenn dies zum Erfolg der ISAF-Operation oder für die Sicherheit von eingesetzten Soldaten erforderlich sei.
Beratungen in den Ausschüssen
Der Auswärtige Ausschuss wird federführend darüber beraten, ob einem Auslandseinsatz zugestimmt werden kann. Der mitberatende Verteidigungsausschuss wird neben weiteren beteiligten Ausschüssen ein Votum abgeben. Nach den Beratungen werden die Ausschüsse dem Bundestag eine Beschlussempfehlung vorlegen. Letztlich werden die Abgeordneten im Plenum in der Regel in namentlicher Abstimmung über einen Auslandseinsatz entscheiden.
Parlamentsbeteiligungsgesetz regelt Auslandseinsätze
Das Parlamentsbeteiligungsgesetz regelt Form und Ausmaß der Beteiligung des Bundestages beim Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 24. März 2005 werden diese Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages geregelt und Vorbehalte des Parlaments klar dargelegt. So hat der Bundestag jederzeit das Recht, die Streitkräfte zurückzubeordern. Die Bundesregierung hat das Parlament regelmäßig über die Einsätze zu informieren.
Vorgaben für einen Regierungsantrag an den Bundestag
Das Parlamentsbeteiligungsgesetz macht ferner Vorgaben, wie und wann ein Antrag an den Bundestag zu stellen ist. So enthält der Antrag der Bundesregierung insbesondere Angaben über:
Der Präsident des Deutschen Bundestages übermittelt nach erster Lesung den Antrag an die Vorsitzenden der Fraktionen sowie die Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses und an die Obleute der beiden Ausschüsse. Der Antrag wird als Bundestagsdrucksache an alle Mitglieder des Bundestages verteilt. Der Bundestag kann dem Antrag zustimmen oder ihn ablehnen. Eine Änderung des Antrags seitens des Bundestages ist jedoch nicht möglich.
Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes ist die verfassungsrechtliche Grundlage für Auslandseinsätze:
"Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern."
Dies bekräftigte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994. Mit dem Beitritt Deutschlands zu den UN und zur NATO wurde auch eine Verwendung der Bundeswehr bei Einsätzen im Rahmen und nach den Regeln von UN und NATO möglich. Allerdings gilt für einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte der sogenannte wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt. Danach ist die Bundesregierung verpflichtet, die - grundsätzlich vorherige - konstitutive Zustimmung des Bundestages zu dem Einsatz einzuholen.