Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales
Nach dem Willen der Großen Koalition sollen ältere
Arbeitslose künftig länger Arbeitslosengeld bekommen,
bevor sie auf Hartz IV angewiesen sind. Das geht aus einem Antrag
von Unions- und SPD-Fraktion (
16/7460) hervor, der während einer
öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und
Soziales am Montag, dem 21. Januar 2008, von Experten
unterschiedlich bewertet wurde.
Die Aufzeichnung der Anhörung steht als Video-on-Demand bereit (siehe
rechts).
"Die erneute Verlängerung des Arbeitslosengelds für
Ältere ab 50 Jahren auf bis zu 24 Monate belastet die
Beitragszahler erneut in Milliardenhöhe", kritisierte die
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA) die geplante Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch, die die Koalition am Freitagmorgen im Plenum
verabschieden will. Demnach soll die Dauer des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr
vollendet haben, stufenweise verlängert werden.
Jahrzehntelange Erfahrungen hätten gezeigt, dass
überlange Bezüge eine Brücke in die Frührente,
aber kein Weg zu mehr Beschäftigung seien, bemängelte die
BDA: "Es ist eine trügerische Hilfe, die den Eindruck
vermittelt, Arbeitssuchende hätten länger
Zeit."
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit
(BA) werde der Haushalt der BA in diesem Jahr durch die
vorgesehene Verlängerung der Bezugsdauer des
Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitnehmer mit 755
Millionen Euro mehr belastet. Da die geplanten Neuregelungen laut
Gesetzentwurf der Koalition rückwirkend ab 1. Januar gelten
sollen, seien bundesweit etwa 400.000 Fälle zu
überprüfen, die möglicherweise länger
Arbeitslosengeld bekommen könnten, informierte die BA.
Innerhalb von drei Monaten nach Ende des Gesetzgebungsverfahrens
könne die Bundesagentur diese Aufgabe erfüllt
haben.
"Es geht darum, die Chance zu nutzen, Ältere so lange wie
möglich im Arbeitsmarkt zu halten", machte der
Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine Position
deutlich. Dennoch müsse ein längerer Arbeitslosenanspruch
bereits für über 45-Jährige gelten. Auf heftige
Kritik des DGB und der Linksfraktion stießen die Pläne
der Koalition, über 63-jährige Arbeitslose in eine
Altersrente mit Abschlägen zu schicken. DGB und Linksfraktion
sprachen von einer Zwangsrente. "Diese Zwangsverrentung ist
grundgesetzwidrig und widerspricht dem Ziel, die Erwerbsquote der
Älteren zu verbessern", heißt es in entsprechenden
Anträgen der Linksfraktion (
16/6929 und
16/7459). Bisher konnten die Arbeitsagenturen
eine Rente mit Abschlägen bereits für alle
Hilfebedürftigen ab 58 Jahren anordnen.
"Eine Zwangsverrentung benachteiligt Frauen, Menschen mit
Behinderung und langjährige Versicherte", heißt es zur
Begründung im Antrag der FDP-Fraktion "Arbeit statt
Frühverrentung fördern" (
16/7003). Die Liberalen fordern, dass ab dem
Ende des 60. Lebensjahres der Zeitpunkt zum Renteneintritt selbst
bestimmt werden kann. Dies sei dann möglich, wenn die Summe
der gesetzlichen, betrieblichen und privaten
Alterversorgungsansprüche über dem Grundsicherungsniveau
liegen würde. Im Gegenzug müsse die Grenze für
Zuverdienst neben dem Rentenbezug ab 60 Jahren aufgehoben
werden.
Auf die Rentenkasse hätte das neue Gesetz langfristig keine Auswirkungen, erklärte ein Vertreter der Deutschen Rentenversicherung Bund. Betroffene, die länger Arbeitslosengeld bekommen würden, könnten allerdings profitieren: 30 bis 40 Euro mehr Rente seien im Monat zu erwarten.