Öffentliche Anhörung des Finanzausschusses
Wer "wohnriestert", muss wie bei den anderen Produkten zur
steuerlich geförderten Altersvorsorge ("Riester-Rente") damit
rechnen, dass die Steuerschuld im Alter beglichen werden muss.
Vielen Wohnriester-Sparern werde es möglicherweise nicht
bewusst sein, dass der Fiskus sie in der Auszahlungsphase im Alter
"nachgelagert" zur Kasse bitten wird, meinten mehrere
Sachverständige in der öffentlichen Anhörung des
Finanzausschusses zum Koalitionsentwurf eines
Eigenheimrentengesetzes (
16/8869).
Mit diesem Gesetz, das der Bundestag am 20. Juni verabschieden
will, soll das mietfreie Wohnen im Alter attraktiver gemacht
werden. Ziel ist es, die Einbeziehung der selbstgenutzten
Wohnimmobilie in die Riester-Rente attraktiver zu gestalten. Der
Riester-Sparer soll dem Entwurf zufolge zu Beginn der
Auszahlungsphase wählen können, ob er die Steuerschuld
auf einen Schlag bezahlen will. Dann müssen nur 70 Prozent des
geförderten Kapitals mit dem individuellen Steuersatz
versteuert werden. Er soll sich aber auch dafür entscheiden
können, das geförderte Kapital nachgelagert über
einen längeren Zeitraum zwischen 17 und 25 Jahren zu
versteuern. Das hängt von dem Beginn der Auszahlungsphase ab,
der zwischen dem 60. und 68. Lebensjahr gewählt werden kann,
sodass die Auszahlungsphase mit dem vollendeten 85. Lebensjahr
endet.
Vorgesehen ist, das steuerlich geförderte Kapital in einem
so genannten Wohnförderkonto zu erfassen. Professor
Eckart Bomsdorf von der Universität zu Köln
nannte den Entwurf einen "Schritt in die richtige Richtung". Die
nachgelagerte Besteuerung bezeichnete er jedoch als "kaum
verständlichen, bürokratischen Moloch". Es gebe einen
Unterschied zwischen der klassischen Altersvorsorge und der
Eigenheimrente. Mit 70 im abbezahlten Eigenheim zu sein und dann
Steuern bezahlen zu müssen, sei "problematisch".
Manfred Lehmann von der Deutschen
Steuer-Gewerkschaft sprach von der "fraglichen Administrierbarkeit"
der nachgelagerten Besteuerung. In der Auszahlungsphase stehe der
Sparer ohne Beratung da. Besteuert werde dann, wenn der Sparer
keine Liquidität mehr zur Verfügung habe. Lehmann wies
darauf hin, dass sich in der langen Sparphase die
Lebensverhältnisse ändern können. Aufgrund dessen
könne der Störfall, nämlich der Abbruch des
Vertrages, zum Regelfall werden. Wünschenswert sei eine
Wohnungsbauförderung ohne Finanzamt.
Den bürokratischen Aufwand kritisierte auch Anita Käding vom Bund der Steuerzahler. Für jeden Sparer müsse ein fiktives Wohnförderkonto eingerichtet werden. Dies verursache zusätzlichen Aufwand beim Anbieter, beim Steuerzahler selbst und beim Finanzamt.
Auf die Frage, ob die nachgelagerte Besteuerung die Deutschen
davon abhalten könne, Wohnriester-Verträge
abzuschließen, sagte Reiner Braun von der
Firma Empirica Wirtschaftsforschung und Beratung, dies werde nicht
der Fall sein. Auch beim "Geld-Riester" überblickten die
Haushalte nicht, dass es zu einer nachgelagerten Besteuerung kommt.
Braun wies darauf hin, dass diese nachgelagerte Besteuerung eine
Subvention, eine Steuerstundung sei.
Maik Czwalinna vom Deutschen
Steuerberaterverband sah die Gefahr, dass durch die Besteuerung im
Alter das steuerfreie Existenzminimum angegriffen werden
könnte. Prinzipiell müssten Steuerberater bereits bei
Vertragsabschluss auf alle Eventualitäten hinweisen, auch wenn
noch gar nicht alles absehbar sei.
Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale
Bundesverband nannte es unabdingbar, dass bei kombinierten
Produkten aus Bausparvertrag und tilgungsfreiem Darlehen der
Gesamteffektivzins angegeben werden muss. Der Verbraucher
müsse erfahren, was seine wirkliche Belastung ist. In diesem
Zusammenhang plädierte Andreas Zehnder vom
Verband der Privaten Bausparkassen dafür, dies nicht isoliert
für Wohnriester-Produkte festzulegen, sondern generell
für alle Produkte im Rahmen der Preisangabenverordnung. Ein
weiterer Diskussionspunkt war die geplante Zweckbindung der
Wohnungsbauprämie, die künftig nur noch für
wohnungswirtschaftliche Zwecke verwendet werden darf. Zehnder trat
dafür ein, die Zweckbindung für die Zeit vom 16. bis 25.
Lebensjahr aufzuheben.
Dagegen unterstrich Thea Dilger vom Bundesrechnungshof, die Zweckbindung sei notwendig, um Ausgaben des Bundes von jährlich 500 Millionen Euro für die Prämie zu rechtfertigen. Eine staatliche Förderung ohne Zweckbindung führe zu Wettbewerbsverzerrungen und benachteilige Anbieter anderer Sparformen.