Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales
Arbeitgeber und Gewerkschaften sehen dringenden Korrekturbedarf
beim geplanten Ausbildungsbonus. In einer öffentlichen
Anhörung des Arbeitsausschusses am Montag, dem 26. Mai 2008,
zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (
16/8718) begründeten Vertreter vom
Deutschen Gewerkschaftsbund (BDA) und der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ihren Vorstoß mit
den ihrer Auffassung nach drohenden Mitnahmeeffekten.
"Die Zielgruppe ist viel zu weit gefasst", kritisierte
BDA-Ausbildungsexpertin Tanja Nackmayr. Es
würden "praktisch alle Altbewerber erfasst". Nackmayr sprach
sie wie auch DGB-Referent Hans-Detlev Küller
dafür aus, mit dem Ausbildungsbonus nur "wirkliche
Problemfälle" zu fördern. Nur solche Jugendliche, die
ansonsten keine Chance auf eine betriebliche Ausbildung
hätten, sollen laut BDA und DGB unterstützt werden.
Danach sollen Unternehmen den Bonus bekommen können, die
zusätzlich solche Jugendliche ausbilden, die sich seit
mindestens einem Jahr erfolglos um eine Lehrstelle bemüht und
in der Regel höchstens einen mittleren Schulabschluss haben
und lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt
sind.
Der Gesetzentwurf sieht einen Ausbildungsbonus in Höhe von
4.000 bis 6.000 Euro für jede zusätzliche Lehrstelle vor,
wenn die eingestellten Jugendlichen die Schule mindestens bereits
im Vorjahr verlassen haben, sich schon früher um einen
Ausbildungsplatz bemüht haben und keinen, einen niedrigen oder
einen schlechten mittleren Schulabschluss besitzen oder
lernbehindert sind. Bei behinderten Jugendlichen erhöht sich
die Förderung laut Entwurf um 30 Prozent. Die Arbeitgeber
sollen dem Entwurf entsprechend verpflichtet werden, die
Zusätzlichkeit des Ausbildungsverhältnisses zu beweisen.
Die finanzielle Unterstützung ist bis Ende 2010 befristet. Es
sei mit Mehrausgaben in Höhe von 450 Millionen Euro im
Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu rechnen,
heißt es in dem Entwurf.
Die Berufsbildungsexpertin des Zentralverbandes des Deutschen
Handwerks (ZDH), Daike Witt, zog die
Kostenschätzung in Zweifel. Sie betonte: "Wir werden
höhere Kosten haben." Sie regte an, diese nicht aus
Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung, sondern aus
Steuermitteln zu finanzieren. Nach Darstellung des
stellvertretenden Direktors des Instituts für Arbeitsmarkt-
und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei, gibt es
zurzeit rund 380.000 Altbewerber, darunter 220.000 Jugendliche,
deren Schulabgang länger als ein Jahr zurückliegt. Der
Anteil der Altbewerber an allen Ausbildungsplatzbewerbern habe sich
von 42 Prozent im Jahr 2000 auf 52 Prozent im Jahr 2007
erhöht. Allerdings sei aufgrund der konjunkturellen und
demografischen Entwicklung mit einer Entspannung auf dem
Ausbildungsmarkt zu rechnen, der auch Altbewerbern zugute kommen
könnte, sagte Walwei.
Auf positive Resonanz bei den Sachverständigen stieß die im Gesetzentwurf ebenfalls vorgesehene Berufseinstiegsbegleitung, die im BA-Etat bis zum Jahr 2014 mit rund 240 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. In einem Modellprojekt sollen bei einem Träger fest beschäftige Berufseinstiegsbegleiter Schüler an 1.000 Schulen im ganzen Bundesgebiet beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die Ausbildung über längere Zeit "individuell unterstützen und dadurch die berufliche Eingliederung der Schüler erleichtern". Außerdem ist geplant, dass in Ausnahmefällen eine zweite Berufsausbildung mit der Berufsausbildungsbeihilfe gefördert werden kann. Der Gesetzentwurf ist laut Regierung wesentlicher Teil der von der Bundesregierung im Januar beschlossenen Qualifizierungsinitiative. Ziel dieses Konzeptes ist die Schaffung von 100.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bis zum Jahr 2010.