Experten befürworten kürzere Genehmigungsverfahren
Die Pläne der Bundesregierung, den Ausbau von Strom-Höchstspannungsnetzen zu beschleunigen, sind bei Fachleuten auf Zustimmung gestoßen. In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie am Montag, dem 15. Dezember 2008, befürworteten sie den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/10491).
Gegenstand der Anhörung waren darüber hinaus Anträge
der Linksfraktion, (
16/10842) sowie von Bündnis 90/Die
Grünen (
16/10590), die Stromübertragungsnetze
auszubauen. Aus Sicht der Regierung machen der zügige Ausbau
des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, der
zunehmende grenzüberschreitende Stromhandel und neue
Kraftwerke den raschen Bau neuer Höchstspannungsleitungen
„dringend erforderlich“.
Um erneuerbare Energien mit einem Anteil von 20 Prozent an der Stromversorgung ohne Beeinträchtigung des Netzbetriebs aufzunehmen, müssen bis zum Jahr 2015 sechs neue Trassen für den Nord-Süd-Transport in Betrieb gehen. Im Einzelnen geht es um die Verbindungen von Hamburg/Nord nach Dollern, von Gaderkesee nach Wehrendorf, von Neuenhagen nach Bertikow Vierraden, von Halle nach Schweinfurt, von Diele zum Niederrhein und von Wahle nach Mecklar.
Vorgesehen ist, die Planungs- und Genehmigungsverfahren in diesen
Fällen zu beschleunigen und das Bundesverwaltungsgericht bei
Rechtsstreitigkeiten zur ersten und zugleich letzten Instanz zu
machen. Dr. Carsten Rolle vom Bundesverband der Deutschen Energie
schlug in der Sitzung vor, die Verfahren noch weiter zu
verkürzen.
Dr. Eberhard Meller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sagte, ohne diesen Netzausbau wäre die Energieversorgung nicht gewährleistet. Er regte an, den Bedarfsplan für besonders vordringliche Vorhaben, der im Gesetzentwurf 24 Projekte umfasst, flexibel zu halten, da es Anschlussprojekte geben könne.
Wilfried Köplin vom Verband der Industriellen
Energie- und Kraftwirtschaft äußerte den Wunsch, die
Kosten den Erzeugern erneuerbarer Energien anzulasten und die
Netzkosten nicht weiter zu verteuern. Würden die
Netznutzungsentgelte erhöht, wäre dies eine
Wettbewerbsverzerrung, so Köplin. Auch Heribert
Hauck vom Aluminiumhersteller Trimet Aluminium sagte,
für sein energieintensives Unternehmen sei es
„lebensnotwendig“, dass die Netzkosten nicht einfach
„eins zu eins“ umgelegt werden.
Die Sachverständigen erörterten darüber hinaus die Frage, ob Freileitungen oder Erdverkabelungen der Vorzug zu geben sei. Im Gesetzentwurf sind vier Projekte als Pilotvorhaben für eine Erdverkabelung vorgesehen: Ganderkesee – St. Hülfe, Diele – Niederrhein, Wahle – Mecklar und Altenfeld – Redwitz.
Wolfgang Neldner vom Netzbetreiber Vattenfall
Europe Transmission GmbH argumentierte, ein Erdkabel halte nur 30
Jahre, ein Freileitungssystem dagegen 80 bis 120 Jahre.
Matthias Kirchner vom Verband der
europäischen Kabelhersteller Europacable entgegnete, die
„Lebenserwartung" liege beim Kabel bei 40 Jahren. Die
Erdverkabelung sei kein massiver Eingriff in die Umwelt, da darauf
beispielsweise Ackerbau betrieben werden könne. Zwar
müsse das Kabel Wärme in die Erde abgeben, doch werde es
nur im Notfall zu einer Erwärmung kommen können.
Kirchner räumte ein, das die Herstellungskosten für die Erdverkabelung höher sind als bei Freileitungen. Prof. Dr. Bernd Rüdiger Oswald von der Universität Hannover sprach sich dagegen aus, die Zahl der Erdkabel-Pilotprojekte noch zu erhöhen. Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, die für die Marktregulierung zuständig ist, plädierte dafür, die Pilotprojekte „genau zu beobachten“.